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Das Papier.

Geschichte des Papiers.

Das Papier ist eins der wichtigsten Erzeugnisse der Industrie, denn nur durch dessen Hilfe sind die Fortschritte des neueren Lebens so bedeutend gefördert, durch die Hilfe des Papiers allein ist es möglich, nachhaltig für geistige Bildung zu wirken und dieselbe nach allen Richtungen und durch alle Schichten des Volks zu verbreiten. Weniger beachtet als das Gold, kann man doch das Papier eigentlich kostbarer als jenes Metall betrachten, dessen Werth nur in der Einbildung beruht.

Dr. Karl Müller sagt sehr wahr: die Geschichte des Papiers ist die Geschichte der Menschheit! und er spricht sich an einer anderen Stelle wie folgt aus: „Ohne das Papier würde die unermeßliche Wichtigkeit der Buchdruckerkunst nur eine sehr bedingte sein. Jene großartige Cultur Europa’s, wie wir sie in seiner Wissenschaft, Kunst und Industrie ausgedrückt finden, würde ohne das Papier kaum vorhanden sein; denn das Papier ist der erste großartige Telegraph, durch welchen sich die Völker der Erde miteinander auf leichte Weise in Verbindung setzen, Gedanken und Entdeckungen mittheilen. Sein Verbrauch ist der natürliche Maßstab für die geistige Stufe eines Volks, wie, um mit Liebig zu reden, der jährliche Bedarf an Seife den allgemeinen Culturzustand eines Volkes andeutet. Doch nicht immer war es wie heute, wo man im Papier für wenig Geld einen Gedankenspeicher erwirbt, wie ihn die Völker des Alterthums niemals kannten.“

Ehe das Papier erfunden wurde, bediente man sich zur Mittheilung seiner Gedanken an Andere der Steintafeln, Platten gebrannten Thons, Schieferplatten, weicher Metalle und des Holzes, auf welche Materialien die Buchstaben mühsam eingegraben wurden. Später überzog man die Platten mit einer Schicht Wachs und konnte auf demselben leichter mittels des Griffels schreiben. – Natürlich konnten aber solche Mittheilungen nur von geringer Ausdehnung sein und gingen oft schneller verloren, als sie entstanden, so daß uns jetzt von allen jenen Schriftstücken nur diejenigen übrig geblieben, welche die Hand der alten Völker in Stein grub, z. B. die mit Hieroglyphen bedeckten Obelisken und andere Monumente der alten Aegypter, welche die nach und nach Alles vernichtende Zeit wenigstens so weit verschonte, daß eine Entzifferung noch möglich ist.

Bei der fortschreitenden Ausbildung des Menschengeschlechts genügten jene ursprünglichen Hilfsmittel nicht, man suchte sich die nach und nach immer mehr Bedürfniß werdende Mittheilung an Andere zu erleichtern und die Aufzeichnungen selbst durch Anwendung eines geeigneteren Materials zur Aufbewahrung bequemer zu machen. Man griff zu den Baumblättern, denen man leicht die Form eines Buches geben konnte, und ritzte die Schriftzüge in dieselben; namentlich waren es die Palmenblätter, welche die Stelle des Papiers vertreten mußten und die Aegypter, das älteste Culturvolk, waren die Ersten, die sich derselben für solchen Zweck bedienten. Allerdings waren solche Schriften dem baldigen Verderben nicht minder unterworfen, wie es bei dergleichen Material kaum anders sein konnte.

Späterhin trat an die Stelle der Blätter der Bast von Bäumen, z. B. der Linde, der Birke u.s.w. und die ältesten Urkunden der Hindus sind mit Oelfarbe auf Birkenbast geschrieben, sowie auch unsere deutschen Vorfahren sich zum Schreiben stets des Birkenbastes bedienten.

Der Ruhm der Erfindung des eigentlichen Papiers dürfte unbestritten den Chinesen und dann den Japanesen gebühren, welche schon seit länger als zweitausend Jahre gutes Papier verfertigten und

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/318&oldid=- (Version vom 9.3.2019)