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in der Herstellung der feinsten Papiere bis heute noch nicht übertroffen sind; so kann das chinesische Papier beim Abdruck feiner Kupferstiche durch keine andere Sorte ersetzt werden. In der Bereitung ihrer Papiere werden jene Völker durch die Natur unterstüzt, indem im Bereich ihrer ausgedehnten Länder eine Menge dazu vorzüglich tauglicher Pflanzen wachsen, welche in der Mehrzahl in keinem andern Erdtheil mehr zu finden sind, wenigstens nicht in gleicher Qualität. Baumwollenstaude und Bambusrohr scheinen indessen den Chinesen das Hauptmaterial zur Erzeugung ihrer feinen Papiere zu geben.

Um 336 vor Christus – der Zeit Alexander des Großen – begann die Benutzung der Papyruspflanze zur Bereitung eines zum Schreiben tauglichen Materials, und es erhielt dasselbe von dieser Pflanze den Namen Papier.

Die Papyrusstaude, Cyperus papyrus, gehört zu der Familie der Cypergräser und wächst in Aegypten, Syrien, Calabrien und Sicilien, wo sie oft ganze Wälder gleich unserem Rohr bildet oder vielmehr bildete, denn an vielen Orten, namentlich in Aegypten, ist diese Pflanze fast ganz ausgerottet, da sie von den Einwohnern als Brennmaterial benutzt wird; in Sicilien fand sie Seume besonders häufig um Syrakus. Der Papyrus hat unserem Rohr ähnliche dreiseitige, glänzendgrüne, oft sechs bis sieben Fuß hohe Stengel, an deren Spitze eine Blatthülle eine Menge erst grade stehender, bei zunehmender Reife aber herabhängender Blüthenstiele trägt, an denen die Blüthen in Dolden hängen. Aus der inneren Rinde der Pflanze machte man ehemals Segeltücher, Kleiderstoffe, Seile, Schuhe und aus dem ganzen Rohre selbst leichte Kähne. Das Papier ward aus den inneren Stengelhäuten gefertigt, die man sorgfältig von dem Stengel trennte und dann, um ihnen einige Dicke zu geben, einige Häutchen zusammenleimte. Dieses Papier erhielt auch den Namen Biblos, woher der Name Bibel, griechisch Biblion (Papier, Buch) stammt, aus welchem letzteren wieder die Namen Bibliothek, Bibliographie u.s.w. entstanden sind.

Die Papyrusstaude war nun plötzlich eine der geschätztesten Pflanzen Aegyptens, denn sie lieferte einen wichtigen Handelsartikel und wurde zur Quelle des Reichthums für das Land.

Nun mehrten sich auch die Bücher und viele Fürsten, wie Ptolomäus II. (Philadelphus), legten für jene Zeit großartige Bibliotheken an. Das Papier ward zum unentbehrlichen Material, und als der schon genannte Ptolomäus aus Eifersucht gegen den ebenfalls Bücher sammelnden König Eumenes von Pergamus die Ausfuhr des Papiers dahin verbot, entstand in Pergamus eine wahre Papiernoth, die zur Erfindung des Pergaments leitete, welches, das Papier verdrängend, bis weit in das Mittelalter hinein in ausschließlichem Gebrauch für alle wichtigeren Schriftstücke blieb.

In Rom kam es so weit, daß, als Kaiser Tiberius II. den Zoll auf Papier so bedeutend erhöhte, daß von Aegypten aus – wo Alexandrien der Hauptmarkt war – keins mehr geliefert werden konnte, eine allgemeine Volkserhebung entstand, welche der erschrockene Kaiser nur dadurch beschwichtigen konnte, daß er alle vorhandenen Papiervorräthe durch den Senat unter das Volk vertheilen ließ.

Bis ins elfte Jahrhundert blieb das egyptische Papier neben dem Pergament in Gebrauch; dann ward es durch das von den Chinesen erfundene Baumwollenpapier verdrängt, welche Erfindung durch die Araber nach Spanien kam, und von dort sich rasch weiter ausbreitete. Die Araber hatten diese Erfindung aus der Bucharei mitgebracht, wohin sie durch die Chinesen gekommen. Schon vorher hatten die Griechen das Papier aus der Bucharei bezogen und nach Venedig in den Handel gebracht, von wo es auch nach Deutschland gelangte.

Das Baumwollenpapier war aber von so mangelhafter Beschaffenheit, daß man nur mühsam mit dem Pinsel darauf schreiben konnte; deshalb suchte man es durch ein anderes besseres Material zu ersetzen, und ein Deutscher – dessen Name leider unbekannt geblieben – erfand in der Mitte des dreizehnten

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/319&oldid=- (Version vom 9.3.2019)