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Nach der Secularisation des Klosters fiel Schlettau an den Herzog Georg den Bärtigen und das Schloß wurde von ihm und seinen Nachfolgern als Jagdschloß benutzt und oft haben sich von nun an sächsische Regenten oder Mitglieder des Fürstenhauses kürzere oder längere Zeit hier aufgehalten. Vater August besuchte Schlettau einige Mal; 1595 hielt sich der Administrator Friedrich Wilhelm mit den kurfürstlichen Prinzen und dem Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg längere Zeit hier auf. Besonders häufig nahm der jagdlustige Kurfürst Johann Georg I. auf dem Schloß Schlettau seinen Aufenthalt. So besuchte er es unter Anderen 1613, obgleich im genannten Jahre die Pest in Schlettau herrschte; 1615 kehrte er längere Zeit wieder und schoß damals bei Walthersdorf einen Hirsch, der sieben Centner und zwanzig Pfund wog. Zu jener Zeit, wahrscheinlich die glänzendste Periode des Schlosses, mögen wohl oft genug Hornfanfaren, Rossegewieher und Rüdengebell da erklungen sein, wo jetzt die Räder unaufhörlich klappern, rauschen und brausen und die Spindel ihr monotones Lied abschnurrt; in den Räumen aber, wo jetzt Waaren trocknen, sammelten sich damals die ermüdeten Waidmänner und Becher und Humpen klangen zusammen; denn Johann Georg liebte fröhliches Zechen, namentlich dem edlen Gerstensaft sprach er fleißig zu und Schlettaus damals wohlrenommirtes Bier mag wohl oft von dem Fürsten erprobt worden sein. – Auch Johann Georg II. befand sich mehrere Male in Schlettau.

Später ward das Schloß Sitz einer Oberförsterei, welche aber 1787 nach Schneeberg verlegt wurde, doch blieb das Schloß noch einige Zeit zu forstdienstlichen Zwecken benutzt. 1797 ward das alte Schloß an den Maurermeister Lohse verkauft, welcher es reparirte und auf das wohnlichste einrichtete. Auch das alte Schloß kam nun in Privathände und später in Besitz des Hofcommissairs Wunnerlich, welcher seiner Zeit dem alten Bau wieder eine gewisse Berühmtheit verschaffte, denn er war, nach der Bezeichnung seiner Zeitgenossen „ein furchtbarer Mann“. Er erschoß 1809 (8. November) den General-Accis-Einnehmer Hesse, mit dem er in Streitigkeit lebte, in der Nähe des Schlosses, und trotzte dann nicht nur allen Belagerungen, sondern hielt sich auch bis 1812 heimlich in dem Schlosse auf. 1811 war das Schloß zur Subhastation gelangt und von dem Maurermeister Lohse ebenfalls erstanden worden, doch nahm dieser es erst im folgenden Jahre in Besitz, als Wunnerlich endlich spurlos verschwunden war.



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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/356&oldid=- (Version vom 6.1.2019)