Seite:Album der Sächsischen Industrie Band 1.pdf/47

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Namen „Sächs. Maschinenbau-Werkstatt“ verlieh; es war die sächsische Maschinenbau-Compagnie in Chemnitz, welche sich mit einem Capitale von einer halben Million Thaler constituirt hatte.

Man sagt, daß die eigentlichen Schöpfer der Idee dieses Unternehmens anfangs Riesa als den Platz sich gedacht hatten, wo, begünstigt durch die Elbe, die Leipzig-Dresdner und die erzgebirgische Eisenbahn, sich ein großartiges industrielles Atelier entfalten sollte. – Gewisse Verhältnisse aber brachten eine andere Disposition und die Begründung dieser wichtigen Werkstätte in Chemnitz zu Wege. Hier beschäftigte sich dieselbe anfangs mit dem Bau von Spinnmaschinen aller Art, Wasserrädern, treibendem Zeug, Dampfmaschinen und Papiermaschinen, wozu sie bereits von Haubold eingerichtet war. – Später erweiterte man den Complex durch mehrere Gebäulichkeiten, Kupolöfen, Eisenhämmer, Puddlingöfen, zum Bau von Locomotiven, wozu man allerdings eine Menge Hilfsmaschinen und Constructionswerkzeuge nöthig hatte, deren Ingangsetzung viel Zeit und Kosten in Anspruch nahm. –

Diese Maschinenwerkstätte war damals in Deutschland eine der am besten ausgerüstetsten und im Stande, jeglicher Forderung in Bezug auf technische Leistung zu genügen. – Da aber die Begründer dieses Unternehmens mehr von einem lokalen Chemnitzer Gesichtspunkte ausgingen, und deswegen ausschließlich die ganze Kraft auf Chemnitz und sein Industrie-Maschinenwesen beschränkten, so wurde, als das Maschinenwesen in Chemnitz fast ganz darniederlag, der Betrieb dieser Werkstatt sehr verringert und beschränkt. Es kamen dann später noch andere Umstände hinzu, welche bewirkten, daß diese Maschinenbau-Werkstatt immer mehr herabkam.

Obgleich diese Gesellschaft, wie hieraus hervorgeht, wenig prosperirte, so hat sie doch viel Gutes gewirkt und ist wohl nicht mit Unrecht die Mutter zu nennen von manchem andern ähnlichen Geschäft. – Im Jahr 1852 ging dieses große, damals mit circa 50,000 Thalern versicherte, in der herrlichsten Gegend nur einige Hundert Schritte von der Eisenbahn entfernt gelegene Etablissement an den jetzigen Besitzer, Herrn Kaufmann Louis Benndorf in Chemnitz, über, der es sich zunächst zur Aufgabe machte, die vorhandenen Wasserkräfte durch Aufstellung von 4 Turbinen gehörig auszunutzen, dann die Gebäude, die gegenwärtig über 80,000 Thaler in der Landesbrandkasse versichert sind, auszubauen und zu verbessern. Diese nehmen jetzt eine Fläche von 63,000 Quadratfuß ein. So groß diese Räume sind, so reichen solche doch nicht mehr aus und dürften binnen Kurzem mehrere Neubauten deshalb bevorstehen.

Von Herrn Benndorf muß der Wahrheit getreu noch bemerkt werden, daß er, nachdem er dieses Grundstück um sehr billigen Preis gekauft, bedeutende Capitalien aufgewendet hat, Alles in den besten Stand zu setzen und in die verödeten Räume eine ganze Colonie lebenskräftiger Industrie-Anstalten einzuführen.

So finden wir in diesem berühmten Gebäude-Complex in den von ihnen erpachteten Räumen folgende wichtige und berühmte Etablissements:

1) Die Maschinenfabrik von Louis Schönherr & Seidler, berühmt durch die Erfindung und Erbauung der sogenannten Schönherr’schen mechanischen Webestühle;

2) die Streichgarnspinnerei und mechanische Flanellweberei von Carl Moritz Fiedler, welcher das besondere Verdienst hat, die Flanellfabrikation auf Maschinenstühlen zuerst nach Chemnitz gebracht zu haben;

3) die Cylinderfabrikation und Erbauung von Nähmaschinen von Wilhelm Brunk, dessen Nähmaschinen wegen ihrer Leistungen sehr gerühmt werden;

4) die Baumwollspinnerei von Julius Walter, der den ersten Epurateur hier aufgestellt hat;

5) die Buntwaarenfabrik von Ufert & Eifler, wovon hier in diesen Gebäuden nur die mechanischen Webstühle gehen, die Handstühle befinden sich in ihrem eigenen Fabrikgebäude in der Zimmerstraße. Ufert ist berühmt und bekannt als der Erfinder einer nach ihm benannten Trittmaschine zur Jacquardweberei, wofür er auch von der Staatsregierung eine Belobung und Belohnung erhalten hat.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/47&oldid=- (Version vom 6.1.2019)