Seite:Album der Sächsischen Industrie Band 2.pdf/141

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

selbst erzogen, seine anerkannt tüchtige kaufmännische, wie hüttenmännische Ausbildung hier erlangt hat, sowie Schönheide überhaupt seit dem Bestehen des großen Werkes der Königin-Marienhütte stets eine gute und ausgiebige Pflanzschule für Beamte und Arbeiter dieser Hütte gewesen ist.

Die vielfachen technischen Fortschritte, welche die neuere und neueste Zeit jedem technischen Etablissement zur Pflicht gemacht, sowie besonders den Bau des Puddlingswalzwerkes, an Stelle der früheren in Schönheide üblichen Stabeisenfrischerei, verdankt das Werk der intelligenten Kraft seines jüngsten Hüttendirektors, Herrn Schaff, jetzigen Hüttendirector der Sächsischen Bergbau- und Eisenhüttengesellschaft in Zwickau. Das Eisenhüttenwerk Schönheide eignet sich seinen zum Theil noch unbenutzten starken Wasserkräften nach, zu welchen auch der dritte Theil aller Wasserkräfte hinzukommen, die zu dem eingegangenen Hüttenwerke Muldenhammer gehören, und welche die ganze Mulde bei 12 bis 15 und 18 Ellen hohen Gefällen disponibel haben, noch zu weit umfassenderen technischen Anlagen, und es werden solche gewiß sofort ins Leben treten, sobald die längst ersehnte Muldenbahn hergestellt sein wird.

Das Eisenhüttenwerk Schönheide ist privilegirt für den Betrieb von einem Hohofen, vier Frischfeuern, zwei Blechfeuern, einem Zerremfeuer, einem Zainhammer, einem Blechzinnhause und einem Blechwalzwerke; ebenso hat es die Concession zu einer Hufschmiede und voller Gasthofgerechtigkeit mit Brauerei und Schlachtbank. Dazu kommt noch starke Fischerei und schöne Jagd auf den eigenen Grundcomplexen. Auch steht dem Werke der dritte Theil der dem früheren Hüttenwerke Muldenhammer zukommenden Privilegien auf einen Hohofen, zwei Blechhämmer, ein Frischfeuer, ein Stabfeuer und ein Zinnhaus zu, welche der Besitzer von Schönheide, nachdem jenes Werk zum Stillstand gekommen war, acquirirte.

Besondere Erwähnung verdient noch der überaus umfängliche Besitzstand dieses Werkes an Eisensteingruben, welche geeignet sind, ein zehnfach größeres Quantum von Roheisen andauernd zu produciren, als das Werk, vermöge der theuren Holzpreise jetzt zu liefern im Stande ist.

Das Eisenhüttenwerk Wildenthal

liegt an der Schneeberg-Karlsbader Chaussee, eine Stunde von Eibenstock, und eine und eine halbe von Johanngeorgenstadt und der böhmischen Grenze entfernt, höchst romantisch in einem der tiefsten Thäler Sachsens, das aber immer noch 2250 Fuß Meereshöhe hat. Die große Bockau durchströmt das Thal, treibt das gangbare Zeug in den Hütten, stürzt über zahllose Granittrümmer und sendet einen Theil ihrer Gewässer mittelst des grünen Grabens auf die Wiese nach Eibenstock. Dieser grüne Graben hat eine besondere Eigenheit, denn trotz seinem starken Gefälle scheint er an einigen Orten bergauf zu fließen und es ist dieses so täuschend, daß schon Mancher bedenklich darüber den Kopf schüttelte und an eine verkehrte Weltordnung dachte. Gleichwohl fällt der Graben bis zur Mühle auf der Höhe bei Eibenstock um 130 Ellen.

Das Thal wird gebildet durch den gigantischen Auersberg, dem zweiten Hochpunkt Sachsens, der sich in einer Höhe von 3175 Fuß über die Meeresfläche, über das Thal aber 925 Fuß erhebt, den überaus steilen Ellbogen und den noch höheren aber weniger steilen Brückenberg. Das ganze Thal hat einen einsamen, düsteren Character und der Ort selbst gehört zu den dürftigsten Sachsens, zudem der Feldbau hier eben so unzureichend als beschwerlich ist.

Das Eisenhüttenwerk Wildenthal ist ebenfalls, wie die übrigen obererzgebirgischen Holzkohlenwerke zumeist, zugleich ein starkes Oekonomiegut, und besitzt besonders schöne Wiesen von sehr gutem Ertrage.

An Gebäuden besitzt das Werk

ein Blechwalzwerk mit zwei Paar Hartwalzen und einer Wasserscheere;
eine Frischhütte mit eingebautem Hammerwerke von drei Hämmern, einem Frischfeuer und einer Zeugschmiede, in welchem allerlei Stabeisen- und Roheisengattungen, sowie Achsen, Pflugschaaren und grobe schmiedeeiserne Maschinentheile bei Holzkohlen gefertigt werden;
eine zweite Frischhütte, ebenfalls mit Hammerwerke, Frischfeuer und Zeugschmiede;
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/141&oldid=- (Version vom 12.5.2019)