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Die Mühlsteinfabrik zu Jonsdorf bei Zittau.


Bei den in neuerer Zeit immer umfassender werdenden Fortschritten der Industrie in allen ihren Branchen, wurden auch bei der Anlage der Mahlmühlen wesentliche Verbesserungen und zum Theil ganz neue Systeme eingeführt, die zum Zweck hatten, nicht nur die größtmögliche Menge Mehl aus den zum Vermahlen bestimmten Getraidearten zu liefern, sondern dieses Mehl auch in vorzüglicher Weiße und Güte herzustellen; es war dieses in den Hauptsachen auch den amerikanischen Mühlen gelungen, welche nun den anderen Mühlen eine sehr fühlbare Concurrenz bieten.

Allein wenn man auch alle nur möglichen Verbesserungen bei den Mühlen in Anwendung bringt, so bleibt doch immer ein guter Mühlstein die Hauptsache, ohne welche selbst das beste Werk und der geübteste Müller kein genügendes Produkt herzustellen vermögen. Einen wirklich guten, allen jetzt an ihn gestellten Anforderungen genügenden Mühlstein zu finden, war aber nicht so leicht, wie groß auch die Auswahl immer sein mochte. Die Frage zu lösen: welcher Mühlstein ist der vorzüglichste? wurde nun die Aufgabe für die tüchtigsten und praktischsten Müller, und es wurden zahlreiche Untersuchungen und Versuche angestellt, um aus dem von Frankreich und Deutschland zu diesem Zweck gelieferten Steinmaterial dasjenige herauszufinden, welches alle Bedingungen erfüllte.

Man fand, daß die Porosität des Gesteins eine unerläßliche Eigenschaft zum trockenen Mahlen des Getraides sei, weil ohne diese Beschaffenheit das Getraide zu stark erwärmt werden würde, wodurch aber das gewonnene Mehl dem leichteren Verderben ausgesetzt ist.

Diese Eigenschaft der Porosität, verbunden mit Härte, Festigkeit, Schärfe und heller Farbe fand sich an dem französischen – dem sogenannten pariserMühlstein besonders und man entschied sich für denselben; man wendete ihn hauptsächlich bei den amerikanischen Mühlen an, die nun ein vorzüglich weißes und dauerhaftes Mehl herzustellen vermochten. – Nach Erreichung dieses Resultates war es gleichsam schon durch die Concurrenz geboten, die bedeutenden Kosten für französische Mühlsteine – welche durch den weiten Transport oft zu einer unverhältnißmäßigen Höhe heraufgeschraubt werden – nicht zu scheuen, und solche Steine bei den Werken in Anwendung zu bringen.

Es ist dieser pariser Mühlstein ein Süßwasserquarz, der also aus Kieselsäure (Kieselerde oder Quarz) besteht, dem Mineral, welches bei weitem den größten Theil der bekannten Erdrinde zusammensetzt. Die Entstehung dieser Süßwasserquarze ist gegen das Ende der Schöpfungsperiode zu setzen, in welcher auch die Braunkohlen Europas entstanden, und er ist der Niederschlag der süßen Gewässer, welche bedeutende Quantitäten Kieselsäure aufgelöst enthielten. An dem berühmten Geiser auf Island, welcher ebenfalls bedeutende Menge Kieselsäure enthält, läßt sich dieser Proceß jetzt noch beobachten.

Von dem pariser Mühlstein giebt es verschiedene Qualitäten, von welchen die gesuchteste die ist, welche eine leichte, theils gelblich-weiße, theils graulich-weiße, schwach durchscheinende, hornsteinartige Masse bildet, deren Zusammenhang durch zahllose kleinere und größere zellige Aushöhlungen von der verschiedensten Form unterbrochen wird. Die Wände dieser Höhlungen sind mit hervorstehenden zackigen, moosartigen, traubigen oder ähnlichen Gebilden derselben hornsteinartigen Substanz ausgekleidet, und zuweilen wohl auch noch mit einem zarten, lichtgelben, ochergelben Ueberzuge bedeckt. Diese hornsteinartige Masse ist härter als Stahl. Da ein solcher Stein im Wesentlichen aus ihr gebildet worden ist, so erhält er durch sie seine große Härte und Festigkeit, während die zahlreichen, von ihr umschlossenen Höhlungen grade

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/221&oldid=- (Version vom 11.5.2019)