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Erzgebirgische Societäts-Bäckerei und Brauerei in Cainsdorf

bestehende Etablissement liegt eine kleine Stunde von Zwickau, an dem linken Muldenufer und an der obererzgebirgischen Staatseisenbahn, mit welcher es durch eine Zweigbahn verbunden ist, und hat in seiner nächsten Nachbarschaft das großartige Eisenhüttenwerk „Königin Marienhütte“ – in deren Nähe sich auch der Haltepunkt der Eisenbahn befindet –, die Steinkohlenwerke zu Planitz, Bockwa, Oberhohndorf u.s.w., und die wohl renommirte, interessante Geitnersche Treibegärtnerei auf den brennenden Kohlenflötzen zu Planitz.

An Gebäuden umfaßt das Etablissement

a) das Comptoir mit Directoralzimmer;
b) das Bäckereigebäude mit vier Backöfen für Steinkohlenfeuerung, erbaut von Karl Hedrich in Glauchau, welche täglich zehn- bis elftausend Pfund Brod liefern;
c) das Mühlengebäude mit dem Local für Brod- und Mehlverkauf; die Mühle ist nach amerikanischem System, hat vier Mahlgänge, ist aber für acht dergleichen angelegt;
d) das Maschinen- und Kesselhaus, mit einer Dampfmaschine von dreißig Pferdekraft und es ist für den weiteren Betrieb eine zweite dergleichen noch aufzustellende Maschine fundirt;
e) die Stallung für Pferde, Ochsen und Schweine mit dazugehöriger Knechtwohnung und den nöthigen Futterräumen;
f) das Brau- und Malzhaus, welches so groß angelegt ist, daß jährlich zwanzigtausend Eimer Lagerbier gebraut werden können;
g) das Kühl- und Faßhaus mit unterbauten Sommerbierkellern;
h) das Maschinen- und Kesselhaus für den Brauereibetrieb, die Dampfmaschine hat fünf Pferdekraft, pumpt das zum Brauen erforderliche Wasser aus der Mulde, treibt die Maischmaschine, Bier- und Würzpumpen, so wie den Malz- und Gerstenaufzug;
i) das Aufzugschachtgebäude mit mechanischem Triebwerk für die Mühle und Brauerei zur direkten Verbindung mit der Zweigeisenbahn; und
k) ein Beamtenhaus mit Garten.

Das Etablissement besitzt außerdem noch ein Wiesengrundstück und einen Theil Waldboden und es ist für Erweiterungen der Gebäude, sollten sich dieselben noch nothwendig machen, hinreichender Raum vorhanden.

Das gesammte Etablissement umfaßt Bäckerei, Müllerei und Brauerei, und erzeugt sonach Brod, Mehl und Bier, welches in der nächsten Umgegend und der Stadt Zwickau, wie aber auch, insbesondere Bier, nach Außen versandt wird. Die Nachfrage nach allen Erzeugnissen ist bisher stets so stark gewesen, daß ihr kaum genügt werden konnte.

Wie schon erwähnt, besitzt das Etablissement zwei Dampfmaschinen, außer diesen sind noch diverse Hilfsmaschinen mit Transmissionen vorhanden.

Das Etablissement steht unter Leitung des Herrn Heinrich August Becker, als Direktor des Vereins. Angestellt sind ferner ein Buchhalter (Herr Bernhardt Littmann), ein Inspektor (Herr Albert Eisner), ein Braumeister (Herr Döschenmeyer), ein Obermüller, ein Oberbäcker, ein Hausverwalter, und fünfunddreißig bis vierzig Personen.

Das Etablissement hat in den nächst gelegenen Orten der Umgebung, außerdem in Zwickau, Leipzig, Berlin, Breslau u.s.w. Verkaufsetablissements.

Noch sei bemerkt, daß ein Hedrichscher Ofen allein täglich fünftausend Pfund Brod zu liefern im Stande ist, und es hat sich hier herausgestellt, daß wenn man den Karren (fünf Dresdner Scheffel) Steinkohle zu 1 Thlr. 15 Ngr. rechnet, dreihundertundsechzig Pfund Brod mit zwei Neugroschen Aufwand für Feuerungsmaterial gebacken werden, während das Backen einer gleichen Menge Brod in mit Holz geheizten Oefen neun und einen halben Neugroschen (die Klafter zu sechs Thalern gerechnet) in Anspruch nimmt.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/240&oldid=- (Version vom 11.5.2019)