Seite:Album der Sächsischen Industrie Band 2.pdf/252

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schuldenlast dieses Unternehmens war auf 700,000 Thaler angeschwollen, und als jetzt der Concurs ausbrach, die Werke auf dem Wege nothwendiger Subhastation verkauft wurden, war der Erlös – 17000 Thaler. Am mehrsten zu bedauern waren da die armen Bergleute, die ansehnliche Lohnrückstände zu fordern und obendrein den gesammten Bestand ihrer Knappschaftskasse, – einige tausend Thaler – dem Unternehmen vorgeschossen hatten; sie hatten es nur der Rücksicht der Staatsregierung zu danken, daß ihre Kasse einige hundert Thaler zurück erhielt, und ihnen eine Abschlagszahlung auf ihre Lohnforderungen gewährt wurde. Jetzt stehen die Werke öde, die Maschinen sind herausgenommen, die Gruben verschüttet, die Coaksöfen eingerissen.

Vorbei geht es nun bei Birkicht zu einem Durchstich, der viel Interessantes hat, da er einige Schichten des Kohlengebirges bloslegt. Ueber den Geiersgraben hinweg, bei einem Weinberge vorbei, macht die Bahn eine dritte Krümmung und steigt dann immer wieder hinauf, wobei rechts das freundliche Burgk liegen bleibt, dessen Häuschen unter dem Laubwerk der Obstbäume fast versteckt sind. Aus dem Grün schimmert das gethürmte, im gothischen Styl erbaute Schloß des Baron Dathe von Burgk, des Besitzers der mehrsten Kohlenwerke der Umgebung, hervor. In Burgk sind der Wilhelminen- und der Bergerschacht, weiter hinauf der Fortunaschacht.

Noch ein Bogen und dann ein fünfter; die Bahn passirt jetzt den Meiselschacht bei Gittersee, einst ein musterhafter Kunstbau, der aber dem Schicksal der übrigen Gitterseer Werke auch nicht entgehen konnte, auch er ist verschüttet, die Gebäude sind öde, der hohe Schlot ist erloschen.

Nun bietet die Bahn die köstlichsten Aussichten auf Dresden, dessen Gegend und die sächsische Schweiz; dann kommt man bei Naundorf und bei dem Reiboldschacht vorüber. Die Bahn macht jetzt einen weiten Bogen, mit welchem sie das Kaitzbachthal umgeht und steigt den Horkenberg hinan.

Ehe die Bahn aber dahin gelangt, zweigt sich, dem Segengottesschacht gegenüber, ein Schienenweg ab, der erst zu dem Hoffnungsschacht und dann zu dem Windbergschacht auf der Höhe des Berges hinansteigt, der höchste Punkt der Bahn. Wie stark auf dieser Abzweigung die Steigung ist, kann man daraus ermessen, daß hier jede Schiene sieben Zoll höher liegt, als die vorhergehende; bei dem letzten Theil ist diese Steigung sogar noch stärker.

Von dem Horkenberge an hören die bedeutenderen Steigungen und Krümmungen auf; ohne bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden zu haben, erreicht die Bahn endlich ihren Endpunkt, die Hänicher Kohlenwerke: Becker-, Berglust- und Beharrlichkeitsschacht.

Von hier aus dürfte seiner Zeit die Bahn noch nach dem Golberoder- und dem Possendorferschacht fortgeführt werden und vielleicht noch weiter, wenn die bei Kreischa und Quohren auf Steinkohlen angestellten Bohrversuche ein günstiges Resultat geben.

Die Bahn hat eine Länge von zwei deutschen Meilen, was durch die vielfachen Krümmungen erklärlich ist.

Obgleich diese Bahn ausschließlich für den Kohlentransport bestimmt ist, so werden doch auch in einzelnen seltenen Fällen Personenzüge veranstaltet, wo dann die Passagiere sich freilich dazu verstehen müssen, auf Sitzbänken in offnen Kohlenlowrys Platz zu nehmen. Das Ziel einer solchen Fahrt ist dann die „goldene Höhe“, ein vielbesuchter Punkt in der Nähe der Hänichener Kohlenwerke, mit herrlicher Umschau.



Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/252&oldid=- (Version vom 11.5.2019)