Seite:Album der Sächsischen Industrie Band 2.pdf/259

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Lehrlinge; die Darmsaitenmacher-Innung beschäftigt 70 Meister und 20 Gesellen; die Geigenmacher-Innung zählt gegen 100 Meister und 80 Gesellen.

Der Gesammtwerth des jährlichen Fabrikats läßt sich mindestens auf 300,000 Thaler annehmen und es sind davon etwa 120,000 Thaler auf Blasinstrumente, 75,000 Thaler auf Saiteninstrumente, 75,000 Thaler auf Saiten und 30,000 Thaler auf die einzelnen Bestandtheile zu rechnen. Von dieser ganzen Summe sind 200,000 Thaler auf Arbeitslöhne und 100,000 Thaler auf Geschäftsertrag und auf Kosten der Rohstoffe zu rechnen. Die Anfertigung der Darmsaiten, ein Nebenzweig der Instrumenten-Fabrikation, ist gar nicht so unbedeutend, als man auf den ersten Anschein hin glauben möchte, indem jährlich durchschnittlich für 40,000 Thaler rohe Schafdärme aus Dänemark und Norwegen und mehreren größeren Städten bezogen und hier zu Saiten verarbeitet werden.

Ueber die Pianofortefabrikation hoffen wir gelegentlich einen besonderen Artikel zu bringen, jetzt sei nur bemerkt, daß Sachsen durchschnittlich jährlich 1800 Flügel- und tafelförmige Instrumente, sowie Pianinos baut, die einen Gesammtwerth von 300,000 Thalern haben. Es sind dabei gegen 400 Gehülfen beschäftigt, die ungefähr 120,000 Thaler Arbeitslohn beziehen. Leipzig ist der Hauptsitz dieser Branche und liefert allein jährlich 1000 Instrumente im Werthe von 180,000 Thalern und beschäftigt 210 Gehülfen. Von diesen Instrumenten wird ein bedeutender Theil für den überseeischen Markt gefertigt.




Die Etablissements von Benjamin Hüttig & Co. in Leutersdorf.


Zu den Ortschaften der Oberlausitz, welche sich durch ihre Gewerbthätigkeit auszeichnen und deren Bewohner ihrer Mehrzahl nach durch Fabrikarbeiten beschäftigt sind, steht in erster Reihe mit das Dorf Leutersdorf, welches bis noch vor wenig Jahren unter zwei Landeshoheiten getheilt war, indem nur Ober- und Mittel-Leutersdorf zu Sachsen gehörte, Nieder-Leutersdorf aber, obgleich gänzlich von sächsischem Gebiet umschlossen, zu Böhmen zählte. Es war dieser Dorftheil schon 1635, wo die Oberlausitz gänzlich an Sachsen abgetreten wurde, bei Böhmen geblieben, indem die damalige Herrschaft desselben ihre anderen Besitzungen durchaus in Böhmen hatte, und von Sachsen nichts zum Lehn haben wollte, was wahrscheinlich in Religionszwistigkeiten ihren Grund hatte.

Dieses Verhältniß führte zahllose Unbequemlichkeiten herbei, die namentlich in Bezug auf das Zollwesen arg waren, denn natürlich stand Nieder-Leutersdorf unter österreichischen Zollgesetzen, doch waren dieselben schwierig genug durchzuführen, da die Bewohner ihre Bedürfnisse fast gänzlich aus Sachsen beziehen mußten, und die Fabriktreibenden bei Versendung ihrer Waaren viele Weiterungen durch sächsische und böhmische Zollbeamte erfuhren, bis endlich vor wenig Jahren diese Schranken fielen, indem Nieder-Leutersdorf nebst dem dazu gehörigen Neu-Leutersdorf und Josephidorf, gleich den anderen in Sachsen liegenden böhmischen Enklaven, durch Vertrag von Oesterreich an Sachsen abgetreten wurden, womit denn auch zahlreiche Weitläufigkeiten ihre Endschaft erreichten.

Ganz Leutersdorf, mit allen seinen einzelnen Theilen, hat gegenwärtig 376 bewohnte Häuser und 2,788 Einwohner. Es liegt von Zittau drei Stunden, von Rumburg in Böhmen eine und eine halbe Stunde und von Löbau vier Stunden entfernt, an der von Großschönau nach Eibau führenden Chaussee,


Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/259&oldid=- (Version vom 11.5.2019)