Seite:Album der Sächsischen Industrie Band 2.pdf/305

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Die Bleiche & Appretur von Franz Dittrich junior in Schirgiswalde.


In einem von der Spree durchflossenen und von theilweise bewaldeten Bergen eingeschlossenen Thale liegt die Stadt Schirgiswalde, eine starke Stunde von der böhmischen Grenze und drei Stunden von Budissin entfernt. – Die Stadt mit den zu ihr gehörigen Ortschaften Neuschirgiswalde (vulgo Neudörfel) und Petersbach zählt zu den neuesten Erwerbungen Sachsens. Dieses Gebiet gehörte früher zu Böhmen, obgleich es gänzlich von sächsischen Ortschaften eingeschlossen war, wie es denn von Böhmen durch die Dörfer Sohland, Taubenheim und Oppach getrennt ist. Das führte denn zahlreiche Unbequemlichkeiten für die Bewohner der Stadt herbei und auch für Sachsen hatte diese Enklave wenig Angenehmes, weshalb es auch schon zeitig als sächsisches Eigenthum beansprucht wurde, da es seiner Lage nach zu der Lausitz gehörte, diese aber ohne Ausnahme an Sachsen abgetreten war.

Schirgiswalde wurde am 19. Februar 1665 durch Kaiser Leopold I. zur Stadt erhoben und blieb bei der Krone Böhmen bis zum Wiener Friedensschluß 1809, wo es von Napoleon Sachsen zugewiesen wurde. Und dennoch kam es damals noch nicht eigentlich in Sachsens Besitz, denn beide Regierungen konnten sich über die Uebergabebedingungen nicht einigen und die darauf bezüglichen Verhandlungen dauerten bis 1813, wo der Krieg ausbrach und endlich Napoleons Sturz die ganzen Verhältnisse änderte. Sachsen erhob zwar noch Ansprüche, allein Schirgiswalde blieb unter böhmischer Verwaltung, aber der ungewisse Zustand verursachte, daß damals weder Steuern erhoben, noch Rekruten verlangt wurden.

Am schlimmsten ward es aber für diese Enklave, als 1834 Sachsen dem preußischen Zollverbande beitrat. Von allen Seiten von Zollschranken eingeschlossen, von dem Hauptlande gänzlich abgeschnitten, schien Handel und Wandel den Todesstoß erhalten zu müssen, erfuhren alle Gewerbe beträchtliche Hemmung, so daß gänzliche Verarmung als drohendes Gespenst an die Thüre pochte. Auch Sachsen empfand seine Nachtheile bei diesem Verhältniß, da die Bewachung der Grenze dieser Enklave Kosten ohne Nutzen machte. – So wurde denn endlich zwischen der sächsischen Regierung und der Stadt eine Vereinbarung getroffen, nach welcher Schirgiswalde nebst Zubehör gegen einen jährlich zu erlegenden Canon von 540 Thalern in den Zollverband aufgenommen ward.

Aber Schirgiswalde blieb doch immer böhmisches Ausland, und um dieses störende Verhältniß womöglich zu enden, wurden die früheren Unterhandlungen über Abtretung der böhmischen Enklaven an Sachsen mit erneutem Eifer aufgenommen und nach Beseitigung mancher Schwierigkeiten auch glücklich geendet, demzufolge am 4. Juli 1845 das Gebiet Schirgiswalde an Sachsen übergeben wurde.

Die Gewerbthätigkeit Schirgiswaldes beschränkt sich hauptsächlich auf Weberei und die damit verbundenen Bleich- und Appreturgeschäfte; auch befindet sich hier eine nicht unbedeutende Papierfabrik.

Hier finden wir auch die Bleich- und Appreturanstalt von Franz Dittrich junior.

Der in sehr romantischer Umgebung gelegene Gebäudecomplex des Etablissements umfaßt:

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/305&oldid=- (Version vom 11.5.2019)