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blieb, bewiesen die Sendung der feinsten und geschmackvollsten Spitzen an die königliche Familie. Auch wurden auf Bestellung nun Blätter zu ganzen geklöppelten Kleidern gemacht.

In dem bekannten Nothwinter von 1816 zu 1817 errichtete die Regierung in Oberwiesenthal eine zweite Klöppelschule, die in drei Klassen eingetheilt ist, in welcher von zwei Lehrerinnen circa sechszig Kinder unterrichtet werden. Jedes Kind verdient etwa 5 bis 6 Neugroschen die Woche.

Dann folgte Rittersgrün 1818, 1819 wurde eine zweite und 1846 eine dritte Schule daselbst gegründet; in Aue entstand 1819 eine Klöppelschule.

Außerdem befinden sich Klöppelschulen in Unterwiesenthal, Crottendorf, Großpöhla, Crandorf Breitenbrunn (die sich durch besonders feine Arbeit auszeichnet) Neudorf, Raschau, Johanngeorgenstadt, Schwarzenberg, Neustädtel, Hundshübel, Schönhaide u.s.w. Die meisten Klöppelschulen befinden sich in der Umgebung Schwarzenbergs.

Aber die Concurrenz der Maschinenspitzen, welche von England und zum Theil auch aus Frankreich kommen, hob immer gewaltiger ihr Haupt und lastete drückend auf der vaterländischen Industrie, denn die Maschinen lieferten die Spitzen zehn bis fünfzehn Mal billiger, als es die Klöpplerin im Stande ist. Nun suchten zwar mehrere Männer, vorzüglich Kaufmann Schreiber in Dresden, welche Belgien bereist und dort die Verfahrungsart bei Herstellung der immer noch wohlrennomirten Brabanter Spitzen kennen gelernt hatten, diese Methode auch im Erzgebirge einzuführen, wovon sie sich viele Vortheile versprachen, doch war man damit immer noch nicht im Stande, der Concurrenz der Maschine so zu begegnen, wie es zur erneuten Blüthe dieser Industrie nöthig wäre. – Nach Brabanter Methode wird aber jetzt häufig gearbeitet und in einigen Klöppelschulen selbst ausschließlich gelehrt.

Die Spitzenklöppelei wird jetzt vorzüglich in dem höhern Gebirge und daselbst besonders in den Dörfern getrieben, und sie erstreckt sich von Dippoldiswalde bis in die Nähe von Adorf. Es bestehen dabei so eine Art Distrikte für verschiedene Arten von Spitzen. Die weißen Zwirnspitzen werden hauptsächlich in der Gegend von Burkhardsdorf bis Annaberg, Schneeberg, Johanngeorgenstadt u.s.w. gefertigt; die schwarzseidenen Spitzen haben ihre Bezirke bei Marienberg und im Voigtlande, die weißseidenen Spitzen oder Blonden werden bei Schwarzenberg und Wiesenthal geklöppelt. Die feinsten Spitzen nach Brabanter Methode, auch Points, liefert jetzt Oberwiesenthal.

Außerdem werden Sammetspitzen, Gorlspitzen, Gorlspitzen mit Perlen, Gold und Silberfäden u.s.w. geklöppelt.

Die Zahl der mit Klöppelei beschäftigten Personen wird im Sommer auf 40 bis 50,000, im Winter aber bis 70,000 angegeben, der größte Theil davon gehört dem weiblichen Geschlecht an. Den Werth der erzeugten Spitzen berechnet man durchschnittlich das Jahr auf 2,000,000 Thaler. Scheinbar ist dieses eine bedeutende Summe, die aber auf so viel Köpfe vertheilt, zu großer Unbedeutendheit zusammenschmilzt. Deshalb ist der Verdienst der Klöppelmädchen überaus schlecht, und das muß eine besonders geschickte und fleißige Arbeiterin sein, welche es die Woche auf einen Thaler oder gar noch darüber bringt; in der Regel verdient selbst die fleißigste Arbeiterin in der Stunde kaum zwei Pfennige, und die, welche die Woche 25 Neugroschen Lohn erschwingt, wird beneidet, denn Manche erhalten kaum die Hälfte davon und sie sollen dabei doch auch bestehen. – Das ist allerdings gegen frühere ein starker Unterschied, denn damals verdiente ein Kind die Woche bis sechszehn gute Groschen, eine geschickte Arbeiterin wenigstens einen Thaler, und dabei hatte das Geld einen weit höheren Werth, als es in jetziger Zeit besitzt.

Die Hauptvertriebsplätze für die Spitzen sind jetzt Annaberg und Schneeberg in erster Reihe; in zweiter Reihe kommen: Buchholz, Lößnitz, Oberwiesenthal, Krottendorf, Pöhla, Rittersgrün, Neustädtel, Eibenstock, Schönhaida, Schwarzenberg, Johanngeorgenstadt, Marienberg u.s.w.

Das Klöppeln der Spitzen geschieht auf folgende Art. Das Muster, nach welchem die Spitze gearbeitet werden soll, der Klöppelbrief, ist auf ein festes Stück Papier gezeichnet oder gedruckt; bei den für schwarze Spitzen bestimmten Mustern sind diese grün auf weißes Papier angegeben, bei den für

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/311&oldid=- (Version vom 11.5.2019)