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Später war es der schon genannte Winzer oder Winsor, der auch in Frankreich die Gasbeleuchtung im Großen einführte, indem er in Paris eine Gesellschaft stiftete, die Gascompagnie, ähnlich der von ihm in London gegründeten. Winzer behielt deren Leitung und starb in Paris am 11. Mai 1830.

In Deutschland war es der berühmte Chemiker, Professor Wilhelm August Lampadius in Freiberg (geboren in Hehlen im Braunschweigischen am 8. August 1772, gestorben in Freiberg am 13. April 1843), welcher in seiner „Hüttenkunde“, die 1801 erschien, zuerst seine Ideen über Gaserzeugung bekannt machte und mit Versuchen begann, worauf er durch sein ganzes Leben sich eifrig mit diesem Gegenstande beschäftigte. Lampadius versuchte frühzeitig die Straßenbeleuchtung durch Gas und 1816 führte er die erste Steinkohlengasbeleuchtung auf dem Amalgamirwerke Halsbrücke bei Freiberg ein. – Man kann also mit vollem Recht Lampadius als den Vater und Sachsen als die Wiege der deutschen Gasbeleuchtung betrachten.

Zwar hatten schon mehrere Jahre früher Winzler aus Znaym, in Wien 1802, und Werner in Leipzig Versuche mit Anwendung des Leuchtgases in größerem Umfange gemacht, und letzterer erleuchtete 1808 eine Tuchmanufactur in Züllichau auf diese Weise; allein diese bedienten sich dazu des Holzgases, welches bei dem damaligen Verfahren weder eine vorzügliche Leuchtkraft entwickelte, noch auch sonst sich sehr empfahl, namentlich war dessen widerlicher Geruch der Anwendung sehr hinderlich. Deshalb gingen alle diese Anstalten schnell wieder ein, und des Holzgases geschah lange Jahre hindurch kaum noch Erwähnung.

Aufgemuntert durch die glücklichen Erfolge von Lampadius unternahm 1817 Prechtl die Beleuchtung des polytechnischen Instituts in Wien durch Gas, und nun fand diese Lichterzeugung in Deutschland immer mehr Eingang, vorzüglich als durch den Erfindungsgeist der Engländer die Gasbereitung im Großen nicht nur vervollkommnet, sondern auch erleichtert wurde durch Erfindung und Verbesserung der Apparate, z. B. des Gasometers, welche in der Mehrzahl aus England stammen.

1826 wurde in Hannover die Straßenbeleuchtung in der ganzen Stadt durch Gas eingeführt, und es war dieses somit die erste deutsche Stadt, welche sich dieses strahlendes Lichtes erfreute. Berlin folgte 1828 diesem Beispiel; daselbst hatte eine Gesellschaft Engländer die Beleuchtung übernommen. 1840 erhielt Wien, 1841 Köln Gasbeleuchtung, und jetzt haben alle großen und eine Menge kleinerer Städte Deutschlands die trüben Oellampen mit den hellleuchtenden Gasflammen vertauscht.

In Sachsen wurde die Straßenbeleuchtung durch Gas in größerem Umfange 1828 in Dresden begonnen, doch war das Fortschreiten in den ersten Jahren nur höchst langsam, allein 1850 konnte die dasige Anstalt bereits 12,000 Flammen speisen und der Betrieb hat sich seit dieser Zeit mindestens verdreifacht. Leipzig erhielt 1840 Gasbeleuchtung, dann folgten Chemnitz, Zwickau, Plauen, Crimmitschau, Glauchau, Zittau, Löbau, u.s.w. und es sind gegenwärtig namentlich die Fabrikstädte fast sämmtlich durch Gas erleuchtet, oder es ist doch zur Einrichtung derselben Vorbereitung getroffen. Außer diesen städtischen Anstalten besitzen noch eine bedeutende Anzahl industrieller Etablissements für eigenen Bedarf Gasanstalten in kleinerem Maßstabe. In einigen Fabriken, wie z. B. die Spinnerei von Trinius und Söhne in Eutritzsch werden auch die Abfälle und das nach dem Waschen der Wolle übrig gebliebene Seifenwasser zur Gasbereitung benutzt.

Die Fabrikation des Leuchtgases.

Die Gasfabrikation zerfällt in drei Abschnitte: die Bereitung des Gases, die Reinigung desselben, und die endliche Fortleitung zu den Brennern.

Zu der Gasbereitung sind nicht alle Steinkohlen gleich geeignet; am zweckdienlichsten haben sich die sogenannten Backkohlen bewiesen und unter diesen wieder die Schwefelfreiesten. Am vorzüglichsten ist die englische candle coal, welche auch in Berlin in Anwendung kommt, während die sächsischen Gasbereitungsanstalten die vaterländischen Steinkohlen benutzen.

Die zur Gasfabrikation bestimmten Kohlen werden in den Gasretorten zersetzt. Diese Retorten sind

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/73&oldid=- (Version vom 9.3.2019)