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Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV.djvu/197

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Das jetzige Gerichtsamt Augustusburg hat nicht mehr den bedeutenden Umfang, den das frühere Justizamt Augustusburg hatte.

Jetzt gehören zu dem Gerichtsamte nur eine Stadt und 22 Landgemeinden, darunter 3 Rittergüter.

Früher bildeten 3 Städte, Schellenberg, Zschopau, Oederan, 24 Landgemeinden und 11 Rittergüter den Amtsbezirk.

Sehr verschieden zeigt sich des Bodens Tragbarkeit in diesem Bezirke, den Felsen und Steinrücken sehr schmälern.

Unter den Bergen zeichnen sich die Heikel- und Staupenberge bei Waldkirchen, Hötzels-Höhe bei Erdmannsdorf aus und bestehen meist aus Gneus, zum Theil aus Porphyr. Unterhalb Augustusburg giebt es grosse Kalklager, bei Gückelsberg Steinkohlen.

Obschon ein Wald vom ersten Range fehlt, so wird aus dem hiesigen Gerichtsbezirke immer noch viel Holz verflösst. Dagegen kommt aus dem Niederlande Zufuhr an Getreide.

Die vortreffliche Rindviehzucht erlaubt starken Butterhandel nach Chemnitz, Leipzig und Berlin.

Die Waldkirch-Borstendorfische Gegend ist noch ausserdem durch die Holzwaarenmanufactur belebt, wogegen die Gegend von Hohenfichte u. s. w. nur auf Ackerbau und Viehzucht beschränkt bleibt.

M. G.     




Wünschendorf


in älteren Zeiten auch Wingsdorf, ursprünglich wohl Windischdorf, liegt 3 Stunden nordöstlich von Wolkenstein, 2 Stunden von Zschopau, ½ Stunde von Lengefeld, an der Strasse zwischen beiden letztern Orten, in einer seichten, steil nach der Flöhe in östlicher Richtung abfallenden Schlucht über einer schönen, stark coupirten Gegend.

Die untern Häuser stehen unfern der Flöhe, die obern jedoch auf grosser, freier Höhe, aus welcher jedoch die Höhen des ganz nahen Börnicher Forstes noch sehr ansteigen.

Das Rittergut ist von mässiger Grösse, hat aber, wie die Abbildung besagt, hübsche Gebäude, eine Ziegelei über der Hammermühle, ein kleines Vorwerk. Zu diesem Gute gehörte vor der Einführung der neuen Gerichtsorganisation Stolzenhain mit Ober- und Erbgerichten. Stolzenhain wie Wünschendorf war früher ein Zubehör der Herrschaft Rauenstein, ehedem Rowenstein, Rawenstein, auch vor 200 Jahren Ravenstein geschrieben, wohl nicht von der rauhen Lage, sondern von einem Ritter Rabe oder Rabod abzuleiten, eine Herrschaft, welche unter denjenigen vorkommt, die Friedrich der Kleine 1289 an Böhmen abzutreten gedachte. Sie grenzte mit den Dynastien Wolkenstein, Schreckenstein, Schellenberg und Lauterstein und hatte wenigstens 6 Stunden im Umfange, da sie mehrere Orte und grosse Waldungen umschloss. Unter diesen Orten befanden sich namentlich Wünschendorf und Stolzenhain. Später gab es eigne Ritter zum Rauenstein. Die Lage und die Umgebung des Schlosses war ganz dazu geeignet, das Recht des Stärkern hier im vollen Masse zu üben. Hier in diesem undurchdringlichen Verhau fanden die keinen Kampf scheuenden Ritter, nach der Rückkehr von ihren blutigen Streifereien, eine sichere Zufluchtsstätte, wo sie, wenn es draussen stürmte, im warmen Gemach, beim Wildpretschmauss, sich gütlich thun und rasten konnten vom schwer bestandnen Strauss, bis Ueberdruss und Kampfeslust sie wieder hinaustrieb auf die Jagd oder auf die Strasse nach dem Böhmer- und Frankenland, um die Stärke ihrer Arme zu erproben und von neuem mit Beute beladen nach Hause zu kehren.

Manche Sage existirt von dem Rauenstein, schauerlich und Grausen erregend.

Doch diente Rauenstein nicht lange den Rittern, welche meist vom Stegreif lebten.

Noch im 15. Jahrhundert kaufte es Hans von Günterode, welcher sich 1476 aus Thüringen nach Freiberg gewendet hatte und Herzog Albrechts Finanzminister war. Seine Nachkommen, welche alle in Freiberg begraben liegen und sich bald Güntherode, bald Gunderodt oder

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/197&oldid=- (Version vom 3.6.2018)