Ist nicht das gewöhnliche Verfahren der Natur hieran zu erkennen, welches, durch die Dazwischenkunft der verschiedenen Mitwirkungen, allemal von der ganz abgemessenen Bestimmung abweichend gemacht wird? und wird man wohl lediglich in den Endzwecken, des unmittelbar so gebietenden höchsten Willens, die Gründe dieser Beschaffenheit finden? Man kan, ohne eine Hartnäckigkeit zu bezeigen, nicht in Abrede seyn, daß die gepriesene Erklärungsart von den Natureigenschaften, durch Anführung ihres Nutzens, Grund anzugeben, hier nicht die verhofte Probe halte. Es war gewiß, in Ansehung des Nutzens, der Welt ganz gleichgültig, ob die Planetenkreise völlig zirkelrund, oder ob sie ein wenig excentrisch wären; ob sie mit der Fläche ihrer allgemeinen Beziehung völlig zusammen treffen, oder noch etwas davon abweichen solten; vielmehr, wenn es ja nöthig war, in dieser Art von Uebereinstimmungen beschränkt zu seyn, so war es am besten, sie völlig an sich haben. Wenn es wahr ist, was der Philosoph sagte: daß GOtt beständig die Geometrie ausübet: wenn dieses auch in den Wegen der allgemeinen Naturgesetze hervor leuchtet; so würde gewiß diese Regel, bey den unmittelbaren Werken des allmächtigen Wortes, vollkommen zu spüren seyn, und diese würden alle Vollkommenheit der geometrischen Genauheit an sich zeigen. Die Cometen gehören mit unter diese Mängel der Natur. Man kan nicht leugnen, daß, in Ansehung ihres Laufes und der Veränderungen, die sie dadurch erleiden, sie als
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/218&oldid=- (Version vom 31.7.2018)