Man wird diese Zweifel bald zerstreuen, wenn man auf dasjenige nur zurück denckt, was in gleicher Absicht in dem vorigen angeführet worden. Muß nicht die Mechanik aller natürlichen Bewegungen einen wesentlichen Hang zu lauter solchen Folgen haben, die mit dem Project der höchsten Vernunft in dem ganzen Umfange der Verbindungen wohl zusammenstimmet? Wie kan sie abirrende Bestrebungen, und eine ungebundene Zerstreuung in ihrem Beginnen haben, da alle ihre Eigenschaften, aus welchen sich diese Folgen entwickeln, selbst ihre Bestimmung aus der ewigen Idee des göttlichen Verstandes haben, in welchem sich alles nothwendig auf einander beziehen, und zusammenschicken muß? Wenn man sich recht besinnet, wie kan man die Art zu urtheilen rechtfertigen, daß man die Natur, als ein wiederwärtiges Subject ansiehet, welches nur durch eine Art von Zwange, der ihrem freyen Betragen Schranken setzt, in dem Gleise der Ordnung und der gemeinschaftlichen Harmonie kan erhalten werden, woferne man nicht etwa davor hält, daß sie ein sich selbst genugsames Principium sey, dessen Eigenschaften keine Ursache erkennen, und welche GOtt, so gut als es sich thun läßt, in den Plan seiner Absichten zu zwingen trachtet. Je näher man die Natur wird kennen lernen, desto mehr wird man einsehen, daß die allgemeinen Beschaffenheiten der Dinge einander nicht fremd und getrennt seyn. Man wird hinlänglich überführet werden, daß sie wesentliche Verwandtschaften haben, durch die sie sich von selber anschicken, einander in Errichtung vollkommener
Immanuel Kant: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Johann Friederich Petersen, Königsberg und Leipzig 1755, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Naturgeschichte_und_Theorie_des_Himmels.djvu/258&oldid=- (Version vom 31.7.2018)