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Daß der Geschlechtstrieb sich erst im erwachsenen Alter einfinden muß, hat auch eine sehr weise Ursache. Ich habe vorher von Zeugungssäften bei dem männlichen Alter geredet, in welchen gleichsam die zeugende oder hervorbringende Kraft enthalten ist. Diese Zeugungssäfte erfordern die sorgfältigste Zubereitung der Natur, in der sie durch nichts gestört werden muß. So lange aber der Mensch noch nicht seinen Wachsthum und seine völlige Stärke erreicht hat, kann die Natur jene Zubereitung nicht übernehmen, weil sie noch mit der Ausbildung des Körpers zu thun hat und dazu alle ihre Kräfte gebrauchen muß. Sie beobachtet, weil sie eine göttliche Einrichtung ist, die größte Ordnung, und würde immer lauter gesunde, schöne und vollkommene Menschen bilden, wenn sie niemals in ihrem Geschäft gestört würde.

Die Zubereitung der Zeugungssäfte verschiebt sie also bis ins erwachsene Alter, wo sie diese Arbeit allein und mit dem größten Fleiß betreiben kann. Dann hat auch der Mensch erst die Fähigkeit zur Fortpflanzung, oder das Zeugungsvermögen, weil alsdann die Natur die inneren und äußeren Theile, die dazu erfordert werden, ganz vollendet hat.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Friedrich Oest: Nöthige Belehrung und Warnung für Jünglinge und solche Knaben, die schon zu einigem Nachdenken gewöhnt sind. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens, Heft 6. Schulbuchhandlung, Wolfenbüttel 1787, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Allgemeine_Revision_des_gesammten_Schul-_und_Erziehungswesens_6.pdf/342&oldid=- (Version vom 31.7.2018)