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Kurland, geliebtes, du Roggenländchen!
Felder und Wiesen üppig gedeihen,
Bieten des Himmels Gaben in Fülle dar,
Unseres Schweißes reichlich verdienten Lohn,
Im lieben Kurland, im Roggenländchen!

Kurland, geliebtes, du gastlich Ländchen!
Brüder besuchen die lieben Brüder;
Duftender Honig, Milch, Käse und Kuchen
Bringen dem Gast wir herzlich entgegen
Im lieben Kurland, im gastlichen Ländchen!

Kurland, geliebtes, du Heimatländchen,
Mögest du ewig grünen und blühen!
Nimmer schweige das Lihgo-Jauchzen,
Nimmer das Flöten, Singen und Tanzen
Im lieben Kurland, im Heimatländchen!

(Nach Gotthard Friedrich Stender.)




138.
Sonne und Mond.

Untreu wurde Mond der Sonne,
Suchte bei der Sonnentochter,
Seinem wunderschönen Stiefkind,
Streng verbotner Liebe Glück;
Denn dem jungen Morgensterne
War versprochen schon das Mädchen,
Und der Himmelsherrscher Pehrkon
Heischte ihren Ehebund.

Eines Morgens früh erwachte
Mutter Sonn’, und fand allein sich
Auf dem Purpurwolkenlager,
Ganz allein, getrennt vom Gatten.
Zitternd, zwischen Zorn und Kummer
Schwankend, teilte sie den goldnen
Vorhang ihres Himmelsbettes.

Empfohlene Zitierweise:
Victor von Andrejanoff: Lettische Volkslieder und Mythen. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1896, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/45&oldid=- (Version vom 4.9.2016)