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139.
Gott und Teufel.

Sprach der Teufel einst zum Herrgott:
     „Klagen muß ich, bitter klagen,
     Daß du mich beim Erdenvolke
     So verleumdest und verlästerst!
     Was ich immer auch beginne,
     Schlecht erscheint es stets den Menschen.“
„Wundert dich“ – sprach Gott gelassen –
„Was so einfach und verständlich?
Gutes nur wird gut befunden,
Böse Saat giebt böse Ernte.
Niemals hab’ ich dich verleumdet;
Deine eignen Thaten richten.“
     „Laß mal sehen! Jede Wette
     Halt’ ich, daß an allem Bösen,
     Ging’ es selbst vom Herrgott aus,
     Ich allein, der Teufel, schuld bin, –
     Und an allem Guten, wär’ es
     Selbst mein Werk, nur du allein!“
Lächelnd nickte Gott Gewährung.

Nieder stiegen Gott und Teufel
Auf die arme Menschenerde,
Wo am Waldrand, nah dem Felde,
Während kurzer Mittagsstunde,
Pflüger ihre Pferde grasen
Ließen. Gott nun trieb ein Rößlein
In das dichte Unterholz,
Wo’s verborgen blieb den Blicken.
Als der Pflüger kam zur Arbeit
Und sein braunes Pferd vermißte,
Hub er greulich an zu fluchen:
„Das hat mir der Menschenschinder
Angethan, der schmutz’ge Teufel!“
Lief dann, ein’ge Nachbarsleute
Sich zur Hilf’ herbeizuholen,
Das verschwundne Pferd zu suchen.
Mittlerweile trug der Teufel

Empfohlene Zitierweise:
Victor von Andrejanoff: Lettische Volkslieder und Mythen. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1896, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/47&oldid=- (Version vom 4.9.2016)