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Pehrkon.[1]
Nach einer lettischen Mythe.




          Anmutige Gegend. Abendsonnenschein.

     Im Hintergrunde das Haus des Häuptlings von anderen kleineren Häusern umgeben. Links ein Birkenwäldchen. Rechts ein massives, plumpes, turmartiges Gebäude mit eisernem Thor. Jünglinge und Jungfrauen führen Reigenspiele auf. Marger liegt links im Vordergrunde unter einer Birke und starrt finster vor sich hin.


          Chor.
Sprach zu mir der Fischerknabe,
„Komm, o Mägdlein, in mein Boot!“
Nein, ich mag nicht, Fischerknabe,
Weht der Wind, versinkt das Boot.
     (Der Regen löst sich auf; einige Jünglinge und Mädchen nähern sich Marger.)


          Ein Jüngling.
Immer trübe und verschlossen,
Immer nur für sich allein?
Keinen Blick für die Genossen.
Keine Lust an unserm Reihn?


          Ein Zweiter.
Willst du immer ferne bleiben
Dem, was Jugend will und kann?
Seh’ ich’s so dich weiter treiben,
Zweifle ich, ob du ein Mann.


          Ein Mädchen.
Häuptlingssohn, gleich einem Knechte
Drückst du in den Winkel dich –
Oder kam noch nicht die Rechte?
Laß das Warten! Küsse mich!

  1. Zuerst in lettischer Übersetzung von Ansinu Karlis (Karl Peterson) im „Austrums,“ Heft 9 – 1894, erschienen.
Empfohlene Zitierweise:
Victor von Andrejanoff: Lettische Volkslieder und Mythen. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1896, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/49&oldid=- (Version vom 26.12.2019)