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Wie still die Wälder,
Wie einsam diese ganze
Lebendige Welt,
Als gäb’ es außer mir
Kein fühlend Wesen mehr
In meilenweiter Runde!

O, wie leer,
O, wie weit ist die Welt,
Wie viel Land noch frei
Für das Lettenvolk –
Und wie viel Zukunft!

Ha, um dieses freie Land
Mit Feinden ringen,
Dieses freie Land
Sich zu Diensten zwingen,
Auf der schwererkämpften Scholle
Eine neue Heimat gründen –
Und, die Götter ehrend,
Den Feinden wehrend,
Ein Leben, reich an Mühn
Und überreich an Lust,
Aus eigner Kraft gestalten – :
Das wäre ein Werk,
Wie mein wähnender Wunsch es gewollt!

Fort, fort, versuchende
Träume der Sehnsucht!
Meine Stunde kam –
Und Abschied hab’ ich zu nehmen
Von allem Irdischen.

Armer verzweifelnder Vater,
Arme gebrochene Mutter,
Armes bangendes Lieb,
Nicht Lebewohl
Darf ich euch sagen
In letzter Stunde, –
Uns trennen ja Meilen!

Empfohlene Zitierweise:
Victor von Andrejanoff: Lettische Volkslieder und Mythen. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1896, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/58&oldid=- (Version vom 4.9.2016)