Seite:Anmerkungen übers Theater.pdf/114

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Biron. O werthe Gesellen! laßt uns einander umarmen. Wir sind so brav gewesen, als Fleisch und Blut es nur immer seyn kann. Die See will ebben und fluthen, der Himmel heitern und regnen, so kann auch junges Blut alten Gesetzen nicht gehorchen, so können wir die Ursache nicht auswurzeln, durch die wir existiren, und daher war es leicht voraus zu sehn, daß wir meineidig werden mußten.

König. Also der zerrissene Brief war ein Liebes – –

Biron. Obs war? und ihr fragt noch? wer kann die himmlische Rosaline sehen und nicht wie ein Indianer, der die Sonn’ aufgehen sieht, sein Haupt sklavisch vorwärts bücken, und blind von Glanz mit niedriger Brust die Erde küssen? Welches vermessene Adlerauge könnte die Sonne unter ihren schwarzen Augbraunen ansehn, ohne zu weinen.

König. Mit welcher Wuth du ihre Lobrede machst. Die Prinzeßin, meine Gebieterin ist ein helleuchtender Mond, sie ein Stern aus ihrem Gefolge, ein zwitserndes Licht, das kaum gesehen wird.

Biron. So sind denn meine Augen nicht Augen, und ich nicht Biron. Ha, gegen meine Liebe ist selbst der Tag Nacht, die auserlesensten Teints entschiedener Schönheiten

Empfohlene Zitierweise:
Jakob Michael Reinhold Lenz: Anmerkungen übers Theater. Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1774, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anmerkungen_%C3%BCbers_Theater.pdf/114&oldid=- (Version vom 31.7.2018)