Seite:Anmerkungen übers Theater.pdf/140

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König. Die Tugend eures Auges brach meinen Schwur.

Prinzes. Beschimpft die Tugend nicht so, sie wird nie einen Mann bewegen auch nur sein Wort zu brechen, geschweig einen Eid. Bey meiner jungfräulichen Ehre, die noch so lauter ist als die unbefleckte Lilie, für eine Welt von Martern würd ich mich nicht bewegen lassen, in euren Hof einzukehren, so sehr verabscheue ich, Ursache eines Eidbruchs zu werden.

König. Ihr lebet hier zu sehr in Dunkelheit, ungesehn, unbesucht, ungefeyert, es ist meine Schande.

Prinzes. O nein, mein Herr! ich versichere euch, wir haben hier mancherley Zeitkürzungen. Eben hat uns ein ganzer Zug Russen verlassen.

König. Russen?

Prinzes. In der That, rußische Stutzer! sehr prächtig gekleidet.

Ros. Meine Fürstin treibt die Höflichkeit zu weit, es waren die plumpsten Geschöpfe, die ich auf dem Erdboden gesehen habe. Hier haben sie eine ganze Stunde gestanden, und kein einzig gescheidtes Wort hervorbringen können. Narren möchte ich sie nicht nennen, denn ich habe unter der Kappe oft bessere Köpfe gefunden.

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Jakob Michael Reinhold Lenz: Anmerkungen übers Theater. Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1774, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Anmerkungen_%C3%BCbers_Theater.pdf/140&oldid=- (Version vom 31.7.2018)