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entwickelten Theorie, durch ihr eigenes Gewicht. Wenn die Stellen, an welchen der Gletscher auf der abschüssigen Unterlage aufliegt, allmälig abschmelzen, so bewirkt die von oben aufdrückende Last ein Vorrücken thalabwärts. Die Ungleichheiten der Unterlage, worüber der Gletscher weggleitet, oder auch die unregelmäßige Gestaltung der Seitenwände, neben welchen der Gletscher vorgeschoben wird, bewirken die Entstehung von den Spalten, die den Gletscher durchziehen. Die Spalten ganz oder theilweise abzuleiten von einer Spannung der Masse, die durch ungleichmäßige Vertheilung der Temperatur in ihrem Innern entstehen soll, ist unstatthaft, weil, wie oben näher entwickelt worden ist, Alles darauf hinweist, daß der ganze Gletscher in seinem Innern die gleichmäßige Temperatur von 0° besitzt.

Daß die Gletscher an ihrer Auflagerungsfläche im Abschmelzen begriffen sind, beweist die unmittelbare Erfahrung an allen Stellen, wo man unter den Gletscher hat eindringen können. Unter vielen Gletschern ziehen sich zwischen dem Boden und dem Eise Höhlungen hindurch, als unmittelbarer Beweis der hier vor sich gehenden Abschmelzung. Die Eisgewölbe, unter welchen die Gletscherbäche am unteren Ende vieler Gletscher hervorkommen, sind allgemein bekannt, so z. B. die des Glacier des Bois im Chamounithal, des Rhonegletschers, des Zermattgletschers, welches letztere Agassiz (Etudes sur les Glaciers, Tafel VI) abbildet u. a. m. Es ziehen sich diese Gewölbe öfter weit unter die Gletscher hinein, und verzweigen sich auf mannigfache Weise. Einen Beweis davon liefert das bekannte Abentheuer des Wirths Christian Bohren, welcher im Juli 1787 auf dem oberen Grindelwald-Gletscher in eine 64 Fuß tiefe Spalte stürzte, und trotz seines gebrochenen Arms glücklich einen Ausweg fand, indem er in dem Bette des Bachs unter dem Gletscher heraufkroch (Wyß, Reise in’s Berner Oberland, S. 653). Hugi beschreibt (Alpenreise,

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Verschiedene: Annalen der Physik und Chemie, Band LX.Leipzig: Verlag von Johann Ambrosius Barth, 1843, Seite 542. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Annalen_der_Physik_1843_542.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)