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im Sommer, deren Wasser beständig eine gewisse Trübung besitzt. Als Saussure im Winter 1764 das Chamounithal besuchte, wo eine tiefe Schneedecke das ganze Thal bedeckte, sah er noch sehr beträchtliche Bäche unter allen Gletschern hervorkommen. Bei einigen Gletschern versiegen indeß die Bäche ganz. Nach den von Bischof (Wärmelehre, S. 104) eingezogenen Erkundigungen scheint das beim Lämmerngletscher auf der Gemmi einzutreten. Es ist das freilich ein kleiner, auch im Sommer nur wenig Wasser liefernder Gletscher, dessen unteres Ende 7000 Fuß über dem Meere liegt. Nach den Beobachtungen des Pfarrers Ziegler (Bischof, S. 116) liefert der sehr tief in’s Thal sich herunterziehende untere Grindelwald-Gletscher im Winter ebenfalls kein Wasser, während der Bach des höher liegenden oberen Grindelwald-Gletschers beständig fortfließt. Es ist sehr möglich, daß in diesen Fällen die Ausgänge an der äußeren, der Einwirkung der kalten Luft ausgesetzten Seite des Gletschers zufrieren, und das im Innern sehr langsam abschmelzende Wasser hinter dem Eisdamme, der ihm den Ausweg verschließt, sich ansammelt, und im Frühjahr wieder durchbricht. Nach der Beschreibung des Pfarrers Ziegler ist das der Vorgang am unteren Grindelwald-Gletscher.

In neuester Zeit hat Forbes (a. a. O.) die Erscheinungen an den Gletschern abzuleiten versucht von einer Plasticität oder Halbflüssigkeit ihrer Masse. Seinen Erklärungen mangelt aber die nöthige Bestimmtheit und Klarheit. In Bewegung begriffene Schuttmassen, wie wir uns die Gletscher denken können, zeigen allerdings, in Folge der Verschiebbarkeit und Nachgiebigkeit ihrer Bestandmasse, gewisse Erscheinungen, welche sie den flüssigen Körpern nähern. Das abschmelzende Eis auf 0° Temperatur, wie wir es zur Sommerszeit überall auf dem Gletscher antreffen, und wie es im Innern das ganze Jahr hindurch besteht, ist aber ein fester, keineswegs

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Verschiedene: Annalen der Physik und Chemie, Band LX.Leipzig: Verlag von Johann Ambrosius Barth, 1843, Seite 562. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Annalen_der_Physik_1843_562.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)