Seite:Annalen der Physik und Chemie Bd 63 1844.pdf/189

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und Henshaw entdeckten Spiralröhren sehr bald Veranlassung, sie als wohlgebahnte Wege für den aufsteigenden Saft anzusehen. Dutrochet, der zuerst die Mittel in Händen hatte, diesen Irrthum zu beseitigen, ließ sich durch vorgefaßte Meinungen und durch das Hervorquellen des Saftes aus durchschnittenen Spiralröhren verleiten, in demselben zu verharren. Das Wesentliche seiner Ansichten über die Wege des Saftes (les routes de la sève) besteht darin, daß er, wie Andere vor und nach ihm, zwei Saftarten unterschied, den rohen und den unter andauernder Berührung mit der Atmosphäre bereits elaborirten Nahrungssaft; ersterer sollte in den Spiralröhren (von denen er jedoch die früher sogenannten Tracheen oder echten Spiralröhren als eigenthümliche Organe abtrennt) auf-, der letztere in den Holzzellen, namentlich in den jüngeren, absteigen, und beide sollten sich in allen Theilen des Baumes mit einander diffundiren. Seit jener Zeit wurde die Lehre vom Aufsteigen des Saftes, oder richtiger des Wassers, obgleich für sie eine neue Aera begonnen hatte, wenig gefördert, indem man sich hauptsächlich damit beschäftigte, auszumalen, wie bequem es für den Saft seyn müsse, in den Spiralröhren zu steigen, da ihn hier keine Querscheidewände behinderten, bis endlich Schleiden in seinen „Grundzügen der wissenschaftlichen Botanik“[WS 1] in einer für einen großen Theil der Pflanzenphysiologen nicht eben schmeichelhaften Weise auf das Haltlose der gangbaren Theorien über die Saftbewegung aufmerksam machte. Wenn dieser reichbegabte Naturforscher bei seinen vielfachen anderweitigen Beschäftigungen Zeit gefunden hätte, seine trefflichen allgemeinen Ansichten durch eigene Versuche im Einzelnen zu vervollkommnen und eindringlich zu machen, so würde es seinem kritischen Geiste ohne Zweifel gelungen seyn, der ganzen Lehre vom Aufsteigen des Saftes eine neue Gestalt zu geben; bis jetzt aber scheinen seine rauhen Mahnungen noch kein hinreichendes Gehör gefunden zu haben,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. M. J. Schleiden: Grundzüge der Wissenschaftlichen Botanik nebst einer Methodologischen Einleitung als Anleitung zum Studium der Pflanze (Erster Teil). Wilhelm Engelmann, Leipzig 1842 Google
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Annalen der Physik und Chemie, Band LXIII. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1844, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Annalen_der_Physik_und_Chemie_Bd_63_1844.pdf/189&oldid=- (Version vom 31.7.2018)