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geringen Mitteln die bedeutende Druckkraft aufgebracht wird, welche die aufgesetzten Röhren anzeigen. Wir wollen uns hier nur noch mit einigen Fragen beschäftigen, welche sich uns zunächst bei unseren am lebenden Weinstocke gemachten Versuchen aufdrängen. Zuerst fragt es sich: wo bleibt die Luft, welche in den Spiralröhren enthalten war? Es ist nicht zu bezweifeln, daß ein großer Theil derselben von der umgebenden Flüssigkeit nach und nach absorbirt wird, auf der andern Seite ist es aber auch eben so wahrscheinlich, daß bei dem wachsenden Drucke ein Theil durch die Blattstielnarben und die Schnittflächen herausgedrängt wird, denn die die Spiralröhren verschließende Masse bildet, wenn sie nicht durchnäßt ist, für Gase keineswegs einen hermetischen Verschluß, sondern die Luft drang in Stephan Hales Versuchen schon unter einem Druck von einigen Zollen Quecksilber mit Leichtigkeit durch sie hindurch (l. c. Cap. II und V)[1]. Zu bemerken ist noch das schon von Hales beobachtete Aufsteigen von Luftblasen in der über der Schnittfläche stehenden Saftsäule, welches man besonders bei warmen Wetter und wenn die Sonne auf den Stock scheint, beobachtet. Es ist möglich, daß diese Luft von dem von allen Seiten eindringenden Saft in den Spiralröhren mechanisch eingeschlossen war; es ist aber auch eben so möglich, daß sie von dem Safte absorbirt war, und durch die erhöhte Temperatur frei wurde.

Zweitens fragt es sich: wie geht es zu, daß der Saft in angeschnittenen Aesten so vorzugsweise aus den Spiralröhren, und nicht eben sowohl aus den Zellen hervordringt, da doch die Kraft, welche ihn hervortreibt, innerhalb der Zellen ihren Sitz hat? Diese Frage löst

  1. Da die vernarbten Spiralröhren auch bei bedeutendem Drucke kein Wasser durchlassen, so muß man vermuthen, daß die sie verstopfende Substanz in Wasser aufquillt, und dadurch der Verschluß vollkommen wird.
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Verschiedene: Annalen der Physik und Chemie, Band LXIII. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1844, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Annalen_der_Physik_und_Chemie_Bd_63_1844.pdf/216&oldid=- (Version vom 31.7.2018)