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2. Im Distrikt Passen sind nach der Plünderung des Klosters der Prior, Archimandrit Dimotheon und sechs Mönche der Brüderschaft ermordet worden. Das Kloster wurde angezündet.

3. Im Distrikt Terdjan, wo das Massacre vom 7. bis 20. Oktober stattfand, sind alle gregorianischen Armenier der Landbevölkerung, welche dem Schwert der Mörder entronnen sind, gezwungen worden, die muhammedanische Religion anzunehmen, zugleich mit dem Priester Der-Hussit, Metropolitan ad interim. Am nächsten Tage wurden Vorbereitungen getroffen für die Zeremonie einer Massenbeschneidung der neuen Proselyten.

4. In der Stadt Baiburt sind zur Zeit des Massacres, das am 12, Oktober stattfand, die vier Kirchen der Stadt geplündert und entweiht worden. Der Archimandrit Khorene Guroyan, ein ehrwürdiger Greis, wurde ermordet und der Priester Der-Achot, Metropolitan ad interim[WS 1] verwundet. Mehrere junge Mädchen wurden geraubt und von ihren Räubern in ihre Heimat im Vilajet Trapezunt geschleppt; während der Brandschatzung wurden 14 armenische Frauen zugleich mit ihren Säuglingen in ihren Häusern lebendig verbrannt. Eine schwangere Frau wurde aufgeschlitzt und das Kind, welches man ihrem Leibe entrissen hatte, zerstückelt. In den Dörfern der Umgegend von Baiburt wurden die Klöster von Lurp Krikor Lussavoritsh und Lurpe Krisdapor geplündert und entweiht. Die Bilder der Heiligen wurden zerrissen. Die Kirchen der Dörfer Messonk und Almeshga wurden zuerst geplündert und sodann mit Schmutz bedeckt. In dem Dorf Lessonk wurde das heilige Evangelienbuch in tausend Stücke zerrissen, auf die Straße geworfen und mit Füßen zertreten. In dem Dorf Ksanta wurden die Priester Der-Ohannes und Der-Harndiun ermordet, die Kirche wurde in eine Moschee verwandelt, ungefähr 400 Menschen wurden ermordet, die, welche entrannen, hauptsächlich Frauen, wurden gezwungen, den Islam anzunehmen. Sowohl in dem Dorf Ksanta als auch in Lessonk wurden mehr als hundert Frauen zerstückelt. Etwa 50 junge Frauen stürzten sich in die Brunnen und gaben sich so den Tod. um sich der Schändung zu entziehen. Die Kirchen von sechs Dörfern Plur, Plurak, Buchdi, Surp-Toroß, Nik und Balakhor wurden in Moscheen verwandelt, die Priester Der-Magar und Der-Grigor und ein dritter Priester wurden getötet. Drei andere Priester sind verschwunden. Sowohl die Einwohner der genannten Dörfer als auch die von Varzahan, Karavirak, Tschakmak, Averek, Gapus, Osdegh, Verine-Kerzi und Varine-Kerzi wurden gezwungen[WS 2], den Islam anzunehmen. Nachdem die Armenier des Dorfes Plur gezwungen worden waren, zum Islam überzutreten, wurden sie von den muhammedanischen Banden niedergeschossen unter dem Vorwande, daß, wenn sie leben blieben, sie doch in ihrem Herzen der christlichen Religion zugethan bleiben würden. Den Ueberlebenden setzte man als Neubekehrten Turbane auf, führte sie in ihre Kirche und zwang sie dort gemäß dem muhammedanischen Kultus das Namaz-Gebet zu sprechen wie in einer Moschee.

In Baiburt und der ganzen Umgegend ist die Religion des Kreuzes vollständig verschwunden.

5. Im Distrikt Kighi, wo das Massacre am 23. Oktober stattfand, wurde der Priester Der-Khatt, ein ehrwürdiger Greis, der den Dienst an der armenischen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: at interim
  2. Vorlage: gezungen
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Berlin-Westend 1897, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/200&oldid=- (Version vom 31.7.2018)