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Andere Geistliche, die Priester Stepan und der Karekin-Vartanian sind verschwunden ohne daß man weiß, wo sie hingekommen sind.

Gleichzeitig mit dem Priester Der-Mikael von der Kirche zu Husseyinik mußte auch der protestantisch-armenische Pastor des Dorfes den Islam annehmen und einen Turban aufsetzen. In demselben Dorfe versammelten die Soldaten ungefähr 60 armenische Frauen und junge Mädchen aus einen Platz, und nachdem sie ihre gemeinsten Lüste an denselben öffentlich befriedigt hatten, schlachteten sie die unglücklichen Opfer dieser scheußlichen Notzüchtigungen ab. Alle Armenier der 13 Dörfer Mosserik, Morenik, Pertak, Ajchuschan, Husseyinik, Khokh, Nekerek, Schentil, Korpe, Harsik, Zor, Dzaruk und Behmeschin wurden gezwungen, Muhammedaner zu werden. Die Kirchen wurden geplündert, demoliert und sodann angezündet. Mehrere Frauen und junge Mädchen wurden weggeschleppt und von den Urhebern dieser Schändlichkeiten nach Charput und den umliegenden Dörfern gebracht. An vielen Orten wurden die jungen armenischen Mädchen gewaltsam mit Türken verheiratet.

Während des Angriffes des Dorfes Haburs legten die Soldaten Feuer an die Kirche, die Einwohner, welche sich darein geflüchtet hatten, mußten ihr Asyl verlassen, um dem Feuer zu entrinnen und wurden truppweise abgeschlachtet. Die Ueberlebenden konnten ihr Leben nur durch Abschwörung ihres Glaubens erretten. Die weggeschleppten Frauen und jungen Mädchen mußten die äußersten Entbehrungen erdulden und einige von ihnen wurden zur Heirat mit Türken gezwungen.

In dem Dorf Khoylu zwang ein Türke, Namens Hadji Bego eine armenische Frau, sich vollständig zu entkleiden und ließ sie ganz nackt durch die Straßen gehen.

In Ayvos, Schitro und den umliegenden Flecken wurden die Priester der armenischen Kirchen getötet und die ganze Bevölkerung von einigen tausend Armeniern wurde gezwungen, den Islam anzunehmen.

In dem ganzen Distrikte Charput, wo ungefähr 60 christliche Dörfer waren, dient keine Kirche, keine Schule mehr ihrer Bestimmung; nur ein einziger Priester existiert noch für die ganze christliche Bevölkerung. Alle sind ermordet oder zur Apostasie gezwungen worden.

In dieser Gegend geht das Bekehren und Beschneiden von Tag zu Tag fort. Die Kirchen sind in Moscheen verwandelt, und die Türken, die sich der Schlüssel bemächtigt haben, wollen dieselben nicht wieder hergeben.

2. Während der Massacres in den Dörfern von Egin welche am 8. November stattfanden, wurde das Kloster Surp-Pergitsch geplündert, profaniert und demoliert. Die Dörfer Lidjik, Narver und Azni sahen ihre Kirchen geplündert und verwüstet. Die ganze armenische Bevölkerung dieser Dörfer wurde aufgefordert und gezwungen, den Islam anzunehmen. Die Einwohner des Dorfes Lidjik mußten sich zugleich mit ihrem Priester derselben Zumutung fügen.

3. Auch in dem Distrikt Aghen wurden die Einwohner von 14 armenischen Dörfern gezwungen, Muhammedaner zu werden und sofort beschnitten. Ihre geplünderten Kirchen dienen jetzt als Moscheen, und man arbeitet an der Umgestaltung ihrer inneren Einrichtung. Das Leben dieser unglücklichen Landleute ist, sobald sie sich die geringsten Vernachlässigungen oder Versäumnisse der Pflichten ihrer neuen Religion zu schulden kommen lassen, den größten Gefahren ausgesetzt. Die Behörden

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Berlin-Westend 1897, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/209&oldid=- (Version vom 31.7.2018)