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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Marasch. 3. Nov. 350      Neuer Angriff der Muhammedaner auf die Armenier, von denen gegen 350 getötet werden.      
18. Nov. mehr als 1000      Neues Massacre, zuvor angekündigt durch die Muhammedaner. Mehr als 1000 Armenier kommen um. Die Behörde behauptet, die Zahl der Opfer überschritte nicht 30.
     Die Gebäude der amerikanischen Mission, das theologische Seminar und die boarding-house academie werden durch die Truppen selbst geplündert, das Seminar verbrannt.
     Die Franziskaner-Mission wurde verschont, aber ihr Dragoman vor ihrem Haus getötet in Gegenwart der Soldaten, welche unthätig zusehen.
     In der Gegend von Marasch in einem Ort, genannt El Oglu, wird eine Karawane von 250 Christen von den Kurden angegriffen, geplündert und erschlagen.
     
Yenidje-Kale.      Ein Detachement von Truppen kommt in den Flecken Mudjuk Deresi ganz nahe bei Yenidje-Kale und wirft sich auf ein Trompetensignal über die Christen, ermordet sie, plündert und zündet die Häuser an.      
17. Nov.      Seit Ende Oktober reklamieren die Franziskanerbrüder umsonst den Schutz der Obrigkeit von Marasch.      Die Truppen selbst sind unter Führung ihrer Offiziere zum Massacre und zur Plünderung vorgegangen.
18. Nov.      Die Soldaten überfallen das Hospiz von Mudjuk Deresi und töten den Pater Salvadore. Sodann begeben sie sich nach Yenidje-Kale, wo sie alle Häuser und das Kloster der Franziskaner niedebrennen. Drei Brüdern und 15 Waisenkindern gelingt es, sich nach Zeitun zu retten.      
Yenidje-Kale. 600      Man rechnet 600 Tote in den Dörfern Yenidje-Kale, Mudjuk-Deresi, Kotekli, Dshurukli, Tash, Djeven, Bunduk und Bank. Das Dorf Dom-Kale wurde geplündert und niedergebrannt. Das Kloster der Franziskaner wurde zerstört und man ist ohne Nachricht von den Brüdern.      
Vilajet Adana.
Mersina u. Adana. 31. Okt.      Wiederholte persönliche Angriffe von Muhammedanern gegen Armenier, Arretierungen von Reisenden, von denen man erst Geld erpreßte und dann ausplünderte, die Brandschatzung und Plünderung einer großen Zahl von Dörfern und isolierten Gehöften verursachen in Mersina wie in der ganzen Gegend eine allgemeine Panik.
     Unter den geplünderten Ortschaften kann man nennen
     Hamzalu, neun Häuser und sechzehn Läden verbrannt und sechs Gehöfte geplündert und gebrandschatzt.
     Temirtasch, sieben Gehöfte geplündert und gebrandschatzt.
     Kimirtli, vierzig Häuser geplündert.
     Ak Punar, dreißig       "       "
     Kara Meriem, zwanzig       "       "
     Kara Kia, zehn       "       "
     Der Vali von Adana, Faïk Pascha, anstatt die Maßnahmen, die geeignet sind, die Ordnung aufrecht zu erhalten, zu leiten, machte eine Rundreise durch das Vilajet und stellte sich, als wisse er nichts von dem was vor sich geht. Der Defterdar Mehemed Midhad, der stellvertretend die Geschäfte führt, vermehrt die Aufregung durch ungerechtfertigte Maßregeln gegen die schuldlosen Christen.
     Die Obrigkeit entwaffnet die Christen und duldet andererseits die Gegenwart einer ungewohnten Menge Muhammedaner in der Stadt.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Leipzig 1897, Seite xx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/236&oldid=- (Version vom 31.7.2018)