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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Akbes. Ende Nov.      Die Niederlassungen der Lazaristenbrüder von Akbes und der Trappisten von Scheikle (Distrikt Kassa, Sandjak Djebel-Bereket) werden vonseiten der Kurden mit Plünderung bedroht.      Mohamed Ali Effendi, Geschäftsträger des Kaymakam, wendet die Gefahr ab.
24. Dez.      Ende Dezember werden die Lazaristen aufs neue mit Plünderung und Brandschatzung bedroht.
     Anfang Dezember greifen die Muhammedaner folgende Ortschaften an und plündern sie: Geben, Derendeh, Kilis, wo sie eine große Zahl von Einwohnern bedrohen. Das Land wird terrorisiert von 2 türkischen Beys von Taiak (Distrikt Kassa) Ali und Yussef, welche nicht aufhören, die Christen zu belästigen und zu Bakdaschli zwischen Akbes und Alexandrette bereits ein Haus, das den Missionaren als Kapelle diente, haben plündern lassen, wobei die heiligen Geräte entweiht wurden.
     
Vilajet Angora.
Angora. Okt. / Nov.      Die Ereignisse des 30. September in Konstantinopel rufen eine lebhafte Bewegung unter den Muhammedanern hervor. Im November beginnt die Agitation aufs neue. Die Muhammedaner zu Angora und im ganzen Vilajet bewaffnen sich, ohne daß die Haltung der Armenier gegenüber den Türken diese Vorbereitungen im geringsten rechtfertigt. Auch die Furcht aufseiten der Christen wächst von Tag zu Tag. Da Angora nur 100 Mann Garnison hat, ist die      Die Behörden ergreifen einige Polizei-Maßregeln, um die Ordnung aufrecht zu erhalten.
     Irgend eine ernstliche Ueberwachung der eingewanderten Tscherkessen, welche in Haufen die Dörfer durchziehen und
Lage unsicher. Die Predigten der Hodjas, welche in das Vilajet gesandt wurden, um zum Frieden zu raten, scheinen unter den Muhammedanern die entgegengesetzte Wirkung zu haben. Christen und Muhammedaner terrorisieren, wird nicht ausgeübt.
20. Dez.      Eine lebhafte Panik herrscht während zweier Tage in der Stadt. Es scheint gewiß, daß die Türken entschlossen sind, die Christen anzugreifen. Imams in den Moscheen raten den Muhammedanern, sich zu bewaffnen und bereit zu halten; man bemerkt in der Stadt eine ungewohnte Zahl von muhammedanischen Landleuten und Tscherkessen. Die Christen schließen ihre Läden. Gleichwohl wird die Ruhe dank der getroffenen Maßregeln aufrecht erhalten.      Der Vali Marschall Tesofik Pascha läßt zahlreiche Patroullien zirkulieren.
Cäsarea. Okt.
Nov.
     Seit dem Monat Oktober fürchtet man Unruhen. Im November drohen die Hamidieh-Kurden die Stadt zu überfallen. 45 christliche Dörfer des Sandjak werden geplündert und die Einwohner ermordet. Die ausschließlich armenischen Ortschaften Ekrek und Mundjursum mit 800 und 1000 Häusern werden verwüstet und die ganze Bevölkerung, die Frauen eingeschlossen, ermordet.      Die Behörden mobilisieren zwölf Bataillone. Aus 8 derselben revoltierten und desertierten die Soldaten.
30. Nov. 1000 300      Ein Massacre, seit mehreren Tagen von den Muhammedanern vorbereitet, bricht aus. Die Türken stürzen sich en masse auf die Bazars und die Häuser der Armenier. Ganze Familien werden ermordet. Die Bäder werden erstürmt, Frauen und Kinder mißhandelt, nackt auf die Straße gejagt, umgebracht und verstümmelt. Greise werden lebendig in ihren Häusern verbrannt. Ueberlebende werden gezwungen den Islam anzunehmen. Plünderung und Brandschatzung dauern 2 Tage.      Die Behörden zeigen die größte Gleichgültigkeit und schreiten erst am Abend des zweiten Tages ein. Nur die amerikanischen Missionen und die der Jesuiten werden beschützt, aber auch diese blieben während 24 Stunden ohne Wache. Einige Muhammedaner retteten Armenier. Ein höherer Offizier der Garnison erklärte, daß, wenn die Behörden ihm
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Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Leipzig 1897, Seite xx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/240&oldid=- (Version vom 31.7.2018)