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selbst gab der Vali Instruktionen, indem er einzelne hervorragende Armenier bezeichnete, die in erster Linie zu töten seien. Nach Beendigung des Massacres gab er Befehl, die Läden und Häuser der Armenier auszuleeren, indem er rief: Wohlan, meine Krieger, nun beginnt die große Plünderung!

Während sich die türkische Bevölkerung in Erzerum ganz offen auf das Massacre vorbereitete, „beschäftigte sich die Behörde trotz der Bemühungen der Konsuln, sie zu Maßregeln zu veranlassen, ausschließlich damit, Armenier zu arretieren.“

Der Marschall Zekhi Pascha in Erzingjan ermutigte den Pöbel zu den größten Schandthaten, indem er den armenischen Notabeln ganz offen erklärte: Rußland allein könnte euch Armenier schützen, aber es ist im Augenblick Freund der Türkei; die übrigen Mächte vereint mit England können euch keine wirkliche Hilfe bringen. Dank der Freundschaft Rußlands können wir euch ohne Besorgnis vernichten, und ihr könnt gewiß sein, daß wir nicht verfehlen werden, es zu thun.

Die Behörden in derselben Stadt bewogen kurz vor dem Beginn des Massacres die Armenier, ihre Läden wieder zu öffnen. Der Tag war vorher fixiert, der Sturm brach los unter Führung hoher Beamter, welche die Menge anfeuerten: Schlagt die Giaurs tot und fürchtet nichts!

In Charput und Umgegend organisierte der Vali Mustafa Pascha und der Militär-Kommandant Raghib Pascha das Massacre, indem er Waffen an die Türken verteilen ließ. Unter seinen Augen beteiligte sich die Besatzung von Charput mit einer Kanonade von Granatschüssen und Gewehrsalven an der Einäscherung des armenischen Viertels.

Der Vali Aniz Pascha“ von Diarbekir zeigte „offene Feindschaft gegen die Christen und erklärte dem französischen Konsul gegenüber, der ihn auf die beunruhigende Aufregung unter den Muhammedanern aufmerksam machte, daß er nichts von ihrer Seite fürchte und daß er für die Ordnung einstehe.“

„Der Vali“ von Sivas konnte bei Ausbruch der Unruhen im Vilajet „von der Pforte nicht die Autorisation zu wirksamen Maßregeln erlangen.“

In Aleppo „wurden die Vorstellungen der Konsuln bei den Behörden mit offener Gleichgiltigkeit aufgenommen, sie scheiterten an

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Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Berlin-Westend 1897, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/49&oldid=- (Version vom 31.7.2018)