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der Entschlossenheit des Vali Hassan Pascha, die Dinge so optimistisch als möglich anzusehen.“

In Urfa leitete der Mutessarif Hassan Pascha die Vorbereitungen zu dem großen Massacre vom 28. Dezember und der Militär-Kommandant Nazif Pascha gab persönlich das Zeichen zum Angriff auf das armenische Viertel, derselbe, der erklärte, er wisse, da er in Bulgarien gewesen, wie man rebellische Rayahs zu behandeln habe.

Der Vali von Adana, Faïk Pascha, anstatt die Maßnahmen, die geeignet sind, die Ordnung aufrecht zu erhalten, zu leiten, machte eine Rundreise durch das Vilajet und stellte sich, als wisse er nichts von dem, was vor sich ging. Der Defterdar Mehemed Idad, sein Stellvertreter, vermehrte die Aufregung durch ungerechtfertigte Maßregeln gegen die schuldlosen Christen.“ Obwohl überall, wo der Vali auf seiner Rundreise durchgekommen ist, das Plünderungswerk begann, erklärte er doch dem Kommandanten des französischen Kriegsschiffes, daß in seinem Vilajet die Ordnung nirgends gestört sei. Ebenderselbe ließ den Priester von Messis einkerkern, weil er sich bei ihm telegraphisch wegen der Plünderung der Kirche beschwerte.

In Amasia war der Vali, ein Tscherkesse, abgeneigt, die Ordre zum Massacre zu erteilen. Der türkische Militärkommandant und die Offiziere hätten ihn beinahe deswegen umgebracht und erzwangen die Ausführung. Ein angesehener Türke sagte einer hochstehenden christlichen Dame: der Befehl für das Gemetzel ist noch früher angekommen, aber die hiesigen Türken wagten nicht, die nach ihrer Meinung wohlbewaffneten Armenier anzugreifen. Deshalb hat man zuerst das Militär vermehrt, unter dessen Beistand dann die türkische Bevölkerung loszuschlagen sich entschloß.

Der Mutessarif von Jsmidt begab sich an den Schauplatz des Massacres von Ak Hissar und erklärte sodann in einem offiziellen Bericht, daß das Vorkommnis ohne Bedeutung sei.

Der mit einer Enquete in der armenischen Reformsache betraute Kommissär der Hohen Pforte Schakir Pascha bereiste das Vilajet Trapezunt, und wo er durchkam, brachen die Massacres aus.

Das letzte Massacre in Wan, 14.–22. Juni 1896, wurde durch den Spezialabgesandten des Sultan, den Kommissär der Hohen Pforte Saadeddin Pascha inszeniert. Er beschuldigte den Vali

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Berlin-Westend 1897, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/50&oldid=- (Version vom 23.2.2021)