Seite:Armenien und Europa. Eine Anklageschrift.pdf/52

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Die in Erzerum einberufenen Redifs erklärten, wenn sie ausziehen sollten, um den Befehlen des Sultans zu gehorchen, sie erst das Land von allen Christen reinigen müßten.“

Auch in Aleppo sagten sie offen, „daß, wenn man sie veranlaßt hätte, ihr Heim zu verlassen, man ihnen auch Freiheit geben müsse, die Christen zu plündern und auszurotten.“

In Trapezunt sah man, wie höhere Offiziere geraubte Sachen, auf Wagen geladen, in ihre Wohnungen bringen ließen. Den Kommandanten der Gendarmerie sah man mit Pferden Säcke voll Silbers wegbringen.

In Charput sicherte sich sogar der Vali Mustafa Pascha einen Teil der Beute, indem er einen Kordon von Tscherkessen um die Stadt legte und besonders wertvolle Sachen, die man wegschleppen wollte, für sich mit Beschlag belegen ließ.

All diese Beweise für die Schuld der Militär- und Civil-Behörden ließen sich noch ins Endlose vermehren. Wir glauben aber, daß es eines weiteren Verhörs nicht bedarf, um unsere Leser zu überzeugen und fassen deshalb die Beschuldigungen gegen die türkischen Behörden der armenischen Provinzen in folgende Punkte zusammen:

I. Die Civil- und Militärbehörden sind der Vorbereitung der Massacres von seiten der mohammedanischen Bevölkerung in keiner Weise, weder von selbst, noch auf Ansuchen der Häupter der armenischen Gemeinden, noch auf Ansuchen der Konsuln entgegengetreten.

II. Die Civil- und Militärbehörden haben die Vorbereitung der Massacres selbst in die Hand genommen, indem sie vor Ausbruch derselben folgende Maßregeln trafen: 1) Sie erzwangen in einer gründlichen und systematischen Weise die Entwaffnung der armenischen Bevölkerung. 2) Die muhammedanische Bevölkerung ließen sie im Besitz ihrer Waffen. 3) Sie versorgten noch überdies die türkische und kurdische Bevölkerung in reichlicher Weise mit Waffen, zum Teil aus den Militärdepots. 4) Einige Valis und Militärkommandanten machten Rundreisen in den Vilajets, um die Bevölkerung zur Plünderung aufzureizen, Waffen zu verteilen und die Kurden- und Tscherkessen-Stämme zum Ueberfall der armenischen Dörfer und Stadtquartiere einzuladen und zu instruieren. 5) Sie täuschten die christliche Bevölkerung durch

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Berlin-Westend 1897, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/52&oldid=- (Version vom 31.7.2018)