Seite:Arthur Schnitzler – Flucht in die Finsternis – 038.jpg

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nett doch die Leute mit mir sind, dachte Robert. Alle: Kahnberg, Langer, der Klavierspieler; – sogar der Komiker im Theater hat mir von der Bühne her zugenickt. Nur Leinbach ist und bleibt ein unleidlicher Narr. – Er haßte ihn in diesem Augenblick.

Die Straßen waren beinah menschenleer. Von einer Turmuhr schlug es zwei. Ein Glück, dachte er, daß man noch keine Amtsstunden einzuhalten hat und sich morgen wird ausschlafen können. Er ging rasch und sicher, trällerte vor sich hin, endlich begann er sogar zu singen mit einer schönen dunklen Stimme, die ihm selber fremd vorkam. Vielleicht ist es gar nicht meine Stimme, dachte er, vielleicht bin ich es überhaupt gar nicht selber? Vielleicht träume ich? Vielleicht ist es mein letzter Traum, den ich träume, der Traum auf dem Sterbebett?

Er erinnerte sich eines Einfalls, den Leinbach vor Jahren in größerer Gesellschaft ganz ernsthaft, ja, mit einer gewissen Wichtigkeit vorgebracht hatte. Er hatte damals einen Beweis gefunden, daß es eigentlich keinen Tod auf der Welt gebe. Es sei ja zweifellos, erklärte er, daß nicht nur für Ertrinkende, sondern daß für alle Sterbenden im letzten Augenblick das ganze Leben mit einer ungeheuren, für uns andere gar nicht zu erfassenden Geschwindigkeit noch einmal sich abrolle. Da nun dieses erinnerte Leben natürlich auch wieder einen letzten Augenblick

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 038. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_038.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)