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ein paar Bogen Kanzleipapier enthielt, wickelte in einen davon das kalte Fleisch und steckte das Päckchen in die Tasche ihres Regenmantels. Dann gingen sie die Treppe hinab; Robert leuchtete mit einem Wachskerzchen voran. Auf der Straße hing er sich in ihren Arm. „Oh, du mußt mich nicht nach Hause begleiten!“ sagte sie. – „Freilich muß ich nicht. Aber wenn es mir Vergnügen macht.“ – An der nächsten Ecke stand ein Wagen. „Wir werden fahren“, sagte er. Sie schüttelte den Kopf. „Verschwender“, erwiderte sie in dem gleichen müden Ton, wie ein paar Stunden vorher, als er eine Flasche besseren Weins bestellt hatte. Aber der Kutscher stand schon bereit, die junge Frau stieg ein; und nun fühlte Robert plötzlich gar keine Lust mehr, sie zu begleiten. Er blieb zögernd neben dem Trittbrett stehen, ihre Hand in der seinen, und fragte: „Wann sieht man sich wieder, mein Kind?“ – „Ich hab’ dir ja gesagt, wo ich wohne“, erwiderte sie, „und wenn du vielleicht wieder einmal mit mir zusammensein willst, so schreib mir nur ein Wort. Ich bin immer frei.“ – „Um so besser“, sagte er. Und langsam setzte er hinzu: „Ich danke dir recht sehr.“ Dabei küßte er ihre Hand. Sie trug keine Handschuhe, ihre Finger waren kühl. Und als er aufblickte, las er in ihren Augen: Wir werden uns gewiß nie wiedersehen. Ich hab’ dir ja kaum gefallen, das weiß ich;

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 055. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_055.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)