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Robert bat um die Erlaubnis, sich anschließen zu dürfen. Paula hatte nichts dagegen, trat vom Tor weg gegen die Mitte der Straße, spitzte die Lippen zu einem leisen, eigentümlichen Pfeifen, auf das hin an einem Fenster des ersten Stockwerks Frau Rolf im hellblauen Morgenkleid sichtbar wurde, und rief zu ihr hinauf: „Ich gehe ein Stück voraus, Mama, gegen die Kampalm zu, der Herr Sektionsrat begleitet mich.“ Frau Rolf erwiderte freundlich Roberts stummen Gruß. „Wie hübsch, daß Sie auch da sind, Herr Sektionsrat! Aber bitte sich nicht aufhalten zu lassen, ich komme schon nach.“

Paula schlug sofort ein lebhaftes Tempo ein, und ohne Rücksicht auf die stattgehabte Unterbrechung fuhr sie fort: „Das pflegt der Papa nämlich immer zu tun, wenn er sehr intensiv und mit besonders schwierigen Dingen beschäftigt ist.“ – „Was pflegt er dann zu tun?“ fragte Robert. – „Er schickt uns fort. Er kann dann niemanden – ganz besonders niemanden von seiner Familie, in der Nähe vertragen.“ – „Sonderbar“, sagte Robert. – „Warum sonderbar?“ entgegnete Paula. „Ich begreife es sehr gut.“ Und sie erwähnte eines berühmt gewordenen Prozesses, in dem ihr Vater vor drei Jahren plädiert und wider allgemeines Erwarten seinem Klienten, einem Millionenkridar, zu einem Freispruch verholfen hatte. Auch damals hatte er Frau und Tochter auf Reisen geschickt.

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 064. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_064.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)