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umsetzt oder ob sie rechtzeitig korrigiert wird. Solange man in der Lage ist, eine seelische Störung in dem Augenblick abzustellen, wo es bedenklich wäre, ihre logischen Konsequenzen zu ziehen, so lange, du entschuldigst schon, habe ich keinen rechten Respekt vor ihr. So imponieren mir auch die Wutanfälle nicht, bei denen die Vernichtungstendenz sich auf leblose oder gar möglichst wohlfeile Gegenstände beschränkt. Es mag vielleicht etwas ketzerisch klingen, aber für mich steckt in all den Verrücktheiten – um bei dem populären Ausdruck zu bleiben –, über die der Leidende immer noch eine gewisse Macht behält und die er aus praktischen Rücksichten sozusagen auf- und niederzuschrauben imstande ist, eine Neigung zur Verspieltheit, zur Unwahrheit, zur Komödianterei, kurz, ein unanständiges Bestreben, vom wirklichen Ernst des Lebens abzurücken und unbequeme Verantwortlichkeiten abzulehnen. Ein solches Bestreben hat ja natürlich, wenn du willst, auch etwas Krankhaftes, aber mit Wahnsinn hat es gewiß nicht das geringste zu tun.“

Robert schwieg eine Weile betreten, denn irgendwie berührte sich das, was Otto aussprach, mit den Gedanken, die ihm selbst neulich gekommen waren. Dann fragte er: „Und bist du auch sicher, die Grenze immer bestimmen zu können?“

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 090. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_090.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)