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und als Paula bemerkte, es sei darauf schon lange nicht gespielt worden, schlug Robert, vorerst ohne sich niederzusetzen, ein paar Töne an; sie klangen etwas dumpf, und das Porzellan zitterte leise mit. Paula begann die Gegenstände von dem Klavierdeckel wegzuräumen, und unter Roberts Beihilfe stellte sie Tassen, Teller, Uhr, Armleuchter und Vasen auf den Boden hin. Dann setzte sich Robert an den geöffneten Flügel und hub in seiner Art zu phantasieren an, bis er aus einer Tanzweise, in die er unversehens geraten war und die er dem Moment nicht recht angemessen fand, sich in eine melancholische, in Chopinsche Modulationen verklingende Melodie rettete. Die Frauen schwiegen, nachdem er geendet; er sah sie nicht, da sie hinter ihm in einer Ecke des Zimmers saßen, doch er fühlte, daß ihnen sein Spiel gefallen hatte. Paula erhob sich, trat zu ihm und fragte ihn, ob ihm selbst ein guter Flügel zu Gebote stände. „Ich habe einen vortrefflichen gehabt“, erwiderte er. „Aber im vorigen Frühjahr habe ich ihn, sowie manches andere, verkauft. Sobald ich wieder eine Wohnung nehme, schaffe ich mir einen neuen an. Vorläufig hause ich nämlich noch immer im Gasthof.“ In den Augen Paulas schimmerte ein leises Lächeln auf, und er wußte, was es zu bedeuten hatte. In einem Blick, darin sie sich begegneten, wurde das Einverständnis zwischen ihr und ihm über allen

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 098. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_098.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)