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durch den Flur, in dem Bretter und Kacheln herumlagen, ins Freie zu geleiten; und nun gingen sie schweigend weiter, Arm in Arm, durch mäßig belebte Straßen einer stilleren Gegend zu, wo kleine Vorgärten den Beginn des Villenviertels ankündigten. Hier blieb der Schnee schon liegen, während er früher unter ihren Schritten in trübes Grau zerflossen war. Endlich begann Paula: „Ich habe deinen Blick dort oben wohl verstanden. Du hast also auch davon reden gehört?“

„Wie sollt’ ich nicht? Die Geschichte war ja fast berühmt.“

„War sie das?“ Sie lächelte vor sich hin.

„Wie lang ist’s her, daß er tot ist?“ fragte er leise.

„Sieben Jahre“, erwiderte sie.

„Du hast ihn geliebt?“

„Er hat mir viel bedeutet. Aber geliebt habe ich ihn nicht. Geliebt hab’ ich einen andern. Davon haben die Leute freilich nicht gesprochen, es wäre auch nicht besonders interessant gewesen. Der andere war nämlich ein ganz unberühmter, junger Advokat. Vielleicht hast du ihn gekannt.“ Und sie nannte den Namen eines jungen Mannes, dem Robert zuweilen flüchtig in Gesellschaft begegnet war.

„Ein ganz hübscher Mensch“, bemerkte er beiläufig.

„Ja, das war er wohl – und um zwanzig Jahre jünger als der andere.“

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_108.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)