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neue Aussicht auf Rettung. „Ich habe mich niemals vorher so wohl gefühlt“, wiederholte er mit Betonung. „Also mach dir um meinetwillen keine Sorgen, ich versichere dich, daß ich mit keinem Menschen auf der Welt tauschen möchte.“

Ottos Antlitz war unbeweglich geblieben. „Nun, so ist ja alles in Ordnung“, sagte er. Es klang wie zerstreut. Und dann, als fiele es ihm eben erst ein, brachte er aus einer Tasche seines Überrocks ein zusammengefaltetes Papier hervor. „Daß ich nicht vergesse“, sagte er leichthin, „da ist dein Brief.“ – „Was für ein Brief?“ fragte Robert, der sich im ersten Augenblick tatsächlich nicht zu besinnen vermochte. – „Den du gestern von mir verlangt hast. Ich habe ihn glücklicherweise noch vorgefunden. Hier ist er, vergewissere dich nur“, fügte er lächelnd hinzu, „ob ich nicht etwa einen anderen untergeschoben habe.“

Robert atmete tief auf, wie wenn ihm ein Gnadengeschenk geworden wäre. Seine Augen feuchteten sich, er konnte seiner Tränen nicht Herr werden, und unwiderstehlich hingezogen sank er dem Bruder schluchzend an die Brust. Eine Weile lag er so und spürte, wie gute, etwas schüchterne Hände ihm leise über die Haare strichen, so daß er ferner Kinderzeiten und längst vergessener elterlicher Zärtlichkeiten gedenken mußte. Plötzlich aber – er war

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_142.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)