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dieses wundersamen Gefühls von Geborgenheit sich kaum bewußt geworden – fuhr ihm der Gedanke durch den Kopf: Was bedeutet das? Warum hat er den Brief herausgesucht? Warum hat er ihn mir wiedergebracht? Will er mich in Sicherheit wiegen? Ja. Das ist’s. Er nimmt es auch ohne Brief auf sich. Diesen Brief haben gewiß schon andere gesehen. Otto hat eine Abschrift genommen und sie vom Notar beglaubigen lassen. Er bedarf des Originals nicht mehr. Nun denkt er, daß ich ihm nicht mehr entgehen kann. Nun bricht er den Stab über mich. Seine Hände streicheln über mein Haar; nicht Segen bedeutet das – sondern Abschied und Urteil. Zugleich wußte er, daß alles darauf ankam, sich jetzt nicht zu verraten. Und er blieb so lange am Halse seines Bruders hängen, bis er sich innerlich gefaßt und seine Züge zum Ausdruck beruhigten Ernstes geordnet hatte. Dann machte er sich los und blickte seinem Bruder heiter ins Antlitz, das nun ein blasses, maskenhaftes Lächeln zeigte. War Otto in diesem Augenblick schon völlig entschlossen, zu tun, wozu ihm jener Brief, den er hinterhältigerweise zurückgebracht, Vollmacht erteilte?

Darüber war sich Robert nicht im klaren. Er wußte nur, daß dieser Entschluß, auch wenn er vielleicht für den Augenblick ins Schwanken geraten, im nächsten schon unwiderruflich sein konnte. Darum gab

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Arthur Schnitzler: Flucht in die Finsternis. Berlin: S. Fischer, 1931, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arthur_Schnitzler_%E2%80%93_Flucht_in_die_Finsternis_%E2%80%93_143.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)