Seite:Assmuss parasiten 038.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

früher faulbrütige Stöcke standen, kann nach v. Berlepsch vor ein Paar Jahren nicht benutzt werden, weil der Ort länger als ein Jahr das Vermögen besitzt, gesunde Stöcke zu inficiren.[1] Gleichfalls können auch Bienen eines faulbrütigen Stockes zur Verstärkung anderer gesunder Stöcke nicht gebraucht werden, da sie das Contagium mit sich führen.

Nach Dierzon, v. Berlepsch, Kleine und vielen anderen Bienenzüchtern ist überhaupt von einem faulbrütigen Stock für andere gesunde Stöcke Nichts zu verwenden, als die Königin, welche das Contagium nicht weiter verbreiten soll. Nach meiner Beobachtung, freilich nur nach zwei vorgenommenen Versuchen, inficirt auch die Königin die gesunden Stöcke. Aus dem früher und eben Gesagten erhellt, wie verderbend die Faulbrut auf die Bienen sich äussert und wie nachtheilig sie dem Bienenzüchter und in national-öconomischer Hinsicht ist. Die Entstehungsweise und die Cur dieser Krankheit hat daher von je her die Bienenzüchter aller Völker, welche die Bienen cultivirten, lebhaft beschäftigt. Dass wir daher sehr reich an den mannigfachsten Ansichten über die Entstehungsweise dieser Krankheit und über ihre Behandlung sind, darf uns nicht wundern. Schon Junius Moderatus Columella[2] erwähnt diese Bienenbrutseuche, die er mit dem griechischen Wort φαγεδαινα bezeichnet und giebt auch die Mittel an, wie man einen faulbrütigen Stock zu behandeln hat. Seiner Ansicht nach entstehe diese Krankheit durch Volksverlust, welcher eintritt, wenn die Bienen auf der Tracht plötzlich vom Regen oder Wirbelwind überrascht werden und umkommen. Das Wachsgebäude wird in Folge dessen zum Theil von Bienen[WS 1] entblösst und fängt zu faulen an. Desgleichen verderbe auch der Honig.

Einen solchen Stock schlägt er vor, mit einem anderen zu vereinigen, damit die verlorene Bienenmenge wieder ersetzt werde. Plinius[3] nahm an, dass in den Tafeln ein Gewächs (Clavus) entstehe, welches eine Missgeburt der Bienen sei. Die verbreitetste Ansicht über die Entstehungsweise der Faulbrut war und ist auch jetzt noch unter den meisten Bienenzüchtern diejenige, die wir bei Columella erwähnt finden. Nämlich durch plötzlichen grossen Volksverlust bleibt ein Theil der Brut von den Bienen unverpflegt und unerwärmt, stirbt ab und geht schliesslich in Fäulniss über. Oder auch selbst bei gar keinem Volksverlust, aber bei eingetretener kalter Witterung, welche die Bienen nöthigt, sich in’s Centrum des Stockes zurückzuziehen, erkaltet die äussere Brut und geht zuletzt ebenfalls in Fäulniss über. Die zweite verbreitetste Ansicht über die Ursache der Faulbrut ist die Fütterung der Bienen mit amerikanischem oder polnischem, oder auch in Gährung übergegangenem deutschen Honig.


  1. v. Berlepsch, Bienenzeitung, Jahrgang 1855, pag. 6.
  2. IX. 13.
  3. XI. 16.
  1. Vorlage: Bienennen
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Assmuss: Die Parasiten der Honigbiene und die durch dieselben bedingten Krankheiten dieses Insects. Ernst Schotte & Co., Berlin 1865, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Assmuss_parasiten_038.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)