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Nacht Rast machte, still dazusitzen und vor sich hin zu träumen, wobei er sich mit stets anderen Einzelheiten ausmalte, wie und wo er den Bruder finden und wie sich die Begrüßungsszene abspielen würde.

So vergingen dann auch die letzten Tage vor jenem schicksalsschweren Mittwoch, an dem für die drei Wanderer nur noch (scheinbar – denn die heimliche Proviantkiste enthielt noch allerlei gute Dinge) je zwei große Zwiebacke, eine Büchse Fleisch und eine Büchse Gemüsekonserven vorhanden waren.

Wie immer hatten die Gefährten die Nacht von Dienstag zu Mittwoch an einer geeigneten Stelle gelagert und so lange geschlafen, bis der Chemiker, der mit der Pünktlichkeit einer Weckuhr von selbst aufzuwachen pflegte, eine der Laternen anzündete und dadurch für diese in stete Dunkelheit gehüllte Unterwelt den neu heraufziehenden Tag andeutete.

Und wie immer ließ nun auch der Ingenieur sein gewohntes Kikeriki hören, das für Heinrich das Zeichen zum Aufstehen war. In den letzten Tagen hatte dieser zweibeinige Hahn den Morgen jedoch nur noch recht schwachen Tones begrüßt. Kräwel war jetzt nach derlei Scherzen, über die man im Anfang der Reise herzlich gelacht hatte, wahrlich nicht zu Mute. Dennoch behielt er dieses Morgensignal bei. Galt es doch, Heinrich über den furchtbaren Ernst der Lage hinwegzutäuschen. Man hatte ihm noch gestern mit scheinbar größter Zuversicht erklärt, diese unterirdische Reise würde nun sehr bald ein Ende haben; er solle sich nur keine Sorgen machen, weil der Proviant so gut wie aufgezehrt sei; morgen würde er erfahren, wie man den letzten Teil des Weges zurückzulegen gedenke.

Dieses „Morgen“ war nun da. Während der Chemiker den Spirituskocher anzündete, um den Rest Tee vom Abend vorher etwas zu erwärmen, richtete er an Heinrich das Wort und sagte:

„Mein lieber Junge, weder Freund Kräwel noch ich sind noch genügend bei Kräften, um den Ausgang dieses Tunnels da vor uns in Eilmärschen, zu denen uns der Mangel an Lebensmitteln zwingt, zu erreichen.

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W. Belka: Auf dunklem Pfade. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Auf_dunklem_Pfade.pdf/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)