Seite:Aufdeckung eines literärischen Betruges in der Preussischen Geschichte (1832).pdf/3

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Wien als zu Mergentheim in Beziehung auf Materialien zur Ordensgeschichte Nachsuchungen angestellt worden, die in Rücksicht auf Vincenzens Chronicon von gar keinem Erfolge gewesen sind.

Wenn nun hieraus schon der ziemlich sichere Schluß gefolgert werden konnte, daß ein solches handschriftliches Chronicon niemals weder im Archive zu Freudenthal, noch in dem zu Mergentheim vorhanden gewesen sey, so kam es bei der Frage über die Wahrheit oder Unwahrheit der Angaben Beckers vornehmlich auch auf seinen Charakter und seine damaligen persönlichen Verhältnisse an. Hierüber gab ein von Sr. Excellenz dem Staatsminister und Oberpräsidenten Herrn von Ingersleben veranlaßtes Schreiben eines sehr glaubhaften Mannes aus Coblenz, wo Becker mit dem Buchhändler Grebel in näheren Verhältnissen gestanden hatte, folgende Auskunft: „J. N. Becker, der Sohn des gräflich-Metternichischen Kellners zu Beilstein an der Mosel, zu Anfang der siebziger Jahre zu Beilstein geboren, wurde wie seine ganze Familie vom Grafen Franz Georg von Metternich mit Wohlthaten überschüttet. Er lohnte aber seinem Herrn mit dem schwärzesten Undank, compromittirte ihn aufs äußerste auf dem Congresse zu Rastadt und wurde endlich der Unterschlagung wichtiger Papiere beschuldigt. Der Graf mußte ihn der Gerechtigkeit überliefern. Becker aber entkam aus dem Gefängnisse und suchte eine Zuflucht in Berlin, wo er sich hauptsächlich von schriftstellerischen Arbeiten ernährte. So entstand damals der Versuch einer Geschichte der Hochmeister in Preussen; Berlin 1798; so entstand auch die: Beschreibung meiner Reise in den Departementen von Donnersberg, vom Rhein und der Mosel; Berlin 1799. Gar glänzend mögen die Resultate seines Kunstfleißes nicht gewesen seyn. Er verließ daher Berlin und kehrte nach dem linken Rheinufer zurück, wo er als ein Freiheitsmärtyrer empfangen und verschiedentlich angestellt wurde. Er starb im J. 1809 zu Simmern als Magistrat de sûreté (Untersuchungsrichter), nachdem er sich in Vertilgung der zahlreichen Räuberbanden, die den Hundsrücken beunruhigten, nicht geringes Verdienst um die Provinz erworben etc.“ Diesem Berichte fügt der Berichterstatter folgendes Urtheil bei: „Als Schriftsteller ist Becker durchaus werthlos. Alle Zeit seicht und unzuverlässig wird er oft zum muthwilligen oder boshaften Verläumder. Historischer Sinn und historisches Wissen fehlten ihm gänzlich. Wenn daher die Geschichte der Hochmeister Nachrichten enthält, die früher unbekannt waren, so haben diese ihre einzige Quelle in Beckers fruchtbarer Phantasie. Kein Archiv stand ihm zu Gebote, namentlich war das Ordens-Archiv zu Mergentheim jedem sterblichen Auge verschlossen. Wenn aber auch alle Archive der Welt ihm ihre