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nach Camerino und Spoleto. Unverweilt verfolgte ihn der König mit Heeresmacht, und bezwang alle Städte und Burgen, die ihm trotzen wollten, mit gewaltiger Kraft. Kein Platz, er mochte durch seine Lage noch so fest sein, wagte es, seinem starken Arme zu widerstehen. Wie sollte man sich aber auch darüber verwundert, da selbst die Königin alle Städte, 896 die große Roma, seinen Angriff nicht auszuhalten vermochte?[1] Da ihm nämlich die Römer ihre Thore nicht öffnen wollten, rief er seine Krieger zusammen und redete sie folgendermaßen an:

26. Auf! hochherzige Männer, geschmückt mit dem Kranze des Siegers,
Denen das strahlende Gold zum Schmuck nur dienet der Waffen,
(Bücher nur, inhaltsleer, weiß damit der Römer zu zieren)
Auf mit fröhlichem Muth zum Kampf, Wuth biete die Waffen![2]
Nicht Pompejus ist hier, nicht Cäsar der Liebling des Glückes,
Der einst unserer Ahnen gewaltige Kühnheit bezwungen.
Alle die besten von jenem Geblüt hat ferne nach Argos
Längst entführet der Sohn der geheiligten brittischen Mutter[3].
Diese verstehen nur Eins: mit der Hanffschnur[4] Beute zu machen,
Angelnd nach leckerem Wels, nicht blitzende Schilde zu führen.

27. Durch diese Worte von Kampfeslust entbrannt, achten seine Helden voll Ruhmbegier ihr Leben nur gering. Sie decken sich daher rottenweise mit ihren Schildern und geflochtenen Hürden, und wollen so die Mauer angreifen; auch hatten sie zahlreiches Kriegsgeschütz gerüstet. Da geschah es, daß während

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Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk'schen Buchhandlung, Leipzig ohne Jahr, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/36&oldid=- (Version vom 25.3.2023)
  1. Auf seinem ersten im Jahre 894 unternommenen Zuge kam Arnulf nur bis Piacenza. Hier nöthigten ihn Krankheiten, welche im Heere ausbrachen, umzukehren. Er zog nun gegen Rudolf von Burgund, und bestürmte unterwegs Ivrea. Gegen Ende dieses Jahrs 894 starb der Kaiser Wido. Im October 895 trat Arnulf einen zweiten Zug nach Italien an, und ging über Lucca nach Rom. Am Anfang des Jahrs 896 nahm er diese Stadt ein, ward daselbst im April zum Kaiser gekrönt, zog dann gegen Spoleto, erkrankte aber im Mai und eilte noch in demselben Monate nach Deutschland zurück. Ehe er daselbst anlangte, starb der Papst Formosus. – Liudprand vermengt die Begebenheiten dieser zwei Heerzüge miteinander.
  2. Virgils Aeneide I, 150.
  3. Konstantin, Sohn der Helena, welcher in Britannien zum Kaiser erhoben wurde.
  4. torta cannabe nach Persius V, 146.