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910 der Thränen Blut. Schon war König Ludwig mit seinem Heere bis nach Augsburg, einer Stadt an der Grenze der Schwaben, der Baiern, und der östlichen Franken gekommen, als ihm die unverhoffte, oder vielmehr unerwünschte Nachricht gebracht wird, der Feind sei in der Nähe. Am folgenden Tage also treffen die beiden Heere zusammen in der Ebene am Lechflusse, die durch ihre Geräumigkeit zu dem Werke des Mars wohl geeignet ist.

4. Ehe noch Aurora vom Safranlager Tithonus aufgestiegen[1], fällt schon das blutdürstige, kampfgierige Ungernvolk über die noch schlaftrunkenen Christen her. Viele werden durch die Pfeile des Feindes geweckt, ehe sie noch dessen Geschrei vernehmen; andere, auf ihrem Lager durchbohrt, werden weder durch den Lärm noch durch ihre Wunden wach, denn die Seele entweicht ihnen schneller als der Schlaf. Ein schwerer Kampf erhebt sich von beiden Seiten, und wie zur Flucht den Rücken wendend, strecken die Türken[2] mit ihren wohlgezielten boelis d. i. Pfeilen, viele Christen zu Boden.

Wenn Eloims Allmacht in schauriger Hoheit beginnet
Des goldlockigen Phöbus Gestirn mit finsteren Wolken
Ganz zu verdecken, von donnerndem Schall der Himmel erdröhnet[3],
Blitz auf Blitz von dem Thron des erhabenen Donnrers entsendet,
Flammend erglänzt, dann zittern sogleich, die Weißes in Schwarzes
Trüglich verkehrt, sie fürchten die eigene Brust zu ergründen,
Welche des Frevels bewußt, vor dem himmlischen Zorne dahinsinkt.
Ganz so flieget der Pfeil, aus entleeretem Köcher geschüttet,
Zu durchbohren geschickt des Panzers mächtige Stierhaut.
Wenn hinstürzend der Hagel die grünenden Saaten zerschmettert,
Laut dann schallt das Geräusch, und tönend erklingen die Dächer:
So erdröhnen die Helme, getroffen von wuchtigem Schwertstreich,
So auch stürzen die Leiber, vom fliegenden Pfeile durchbohret.

Empfohlene Zitierweise:
Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk'schen Buchhandlung, Leipzig ohne Jahr, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/45&oldid=- (Version vom 28.3.2023)
  1. Nach Virgil Georg. I, 447.
  2. So nennt Liudprand die Ungarn nach byzantinischem Sprachgebrauch.
  3. Nach Martianus Capella, wie Koehler nachgewiesen hat, dann ist Juvenal III, 30, XIII, 223 benutzt, nebst verschiedenen anderen Anklängen.