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Herrn und Heilandes Jesu Christi durchbohrt hatten, und die nun in die Lanze des Königs eingefügt sind. Und da wurde es offenbar, wie viel, nach den Worten des heiligen Jakobus (5, 16) das Gebet des Gerechten vermag. Denn noch während er betete, wandten sich die Feinde sämmtlich zur Flucht, ohne daß von den Seinen ein einziger umkam. Von jenen aber wußten viele nicht einmal, warum sie entflohen, da sie den verfolgenden Feind wegen seiner geringen Anzahl gar nicht sehen konnten. Viele wurden erschlagen, und Heinrich erhielt einen gewaltigen Schwertstreich auf den Arm; wiewohl das starke, dreifache Panzerhemd die Schneide des Schwertes nicht bis zum Fleisch hindurchließ, so verursachte doch die Wucht des Hiebes eine solche Quetschung, daß keine Sorgfalt der Aerzte sie ganz zu heilen vermochte und jedes Jahr der Schmerz sich heftig erneute. Deshalb haben sie auch lange nachher ausgesagt, daß er an den Folgen dieser That gestorben sei.

Da wir aber dieser heiligen Lanze einmal erwähnt haben, so wollen wir hier mittheilen, auf welche Weise der König in den Besitz derselben gekommen war.

25. Der Burgunderkönig Rudolf, welcher einige Jahre lang in Italien geherrscht hat, erhielt diese Lanze zum Geschenk vom Grafen Samson[1]. Sie sah nicht aus wie die gewöhnlichen Lanzen, sondern war auf ganz besondere Art gearbeitet und von ganz eigener Gestalt. Denn längs dem mittleren Schenkel des Schaftes sind zu beiden Seiten Vertiefungen; diese zum Einlegen der Daumen sehr schön geeigneten Rinnen ziehen sich bis zur Mitte der Lanze herab. Diese Lanze also, sagt man, habe einst Konstantin dem Großen angehört, dem Sohne der heiligen Helena, welche das Leben bringende Kreuz fand, und auf dem mittleren Grate, den ich vorher Schenkel nannte, trägt sie Kreuze aus den Nägeln, welche durch die Hände und Füße

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Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk'schen Buchhandlung, Leipzig 1890, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/84&oldid=- (Version vom 9.4.2023)
  1. Er ist früher (III, 41) als vertrauter Rathgeber des Königs Hugo genannt.