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939 Elsaß sei, so fürchteten sie nicht mehr, daß noch jemand ihnen Widerstand leisten werde; und sie versammelten ein sehr großes Heer, gingen bei Andernach über den Rhein, und begannen überall die Anhänger des Königs niederzuwerfen. Zwar befanden sich in jener Gegend Uto, der Bruder Hermanns, des Herzogs der Schwaben, und Konrad mit dem Beinamen der Weise, welche, wie oben erwähnt, dem Könige treu geblieben waren. Aber ihre Schaaren waren dem großen Heere jener lange nicht gewachsen, und darum fürchteten sie sich, ihnen entgegen zu treten. Allein auf Gottes Geheiß, nicht durch ein ausdrückliches Wort, sondern durch innerliche Eingebung, folgten sie dem Feinde auf dem Fuße, als dieser mit Beute beladen heimkehrte. Sie waren noch nicht weit gezogen, als ihnen ein Priester weinend und jammernd begegnete. Da sie ihn fragten, woher er komme und warum er weine, antwortete er: „Ich komme von jenen Räubern her, die mir den einzigen Gaul, den ich besaß, genommen, und mich armen Mann noch elender gemacht haben.“ Als Uto und Konrad solches hörten, erkundigten sie sich bei ihm genau, ob er den Giselbert und Eberhard gesehen hätte. Jener erwiederte, daß sie beinahe ihr ganzes Heer, sammt der Beute, über den Rhein geschafft hätten, und jetzt, sagte er, halten sie selbst mit einer auserwählten Schaar ihrer Ritter eine Mahlzeit[1], möge sie ihnen schlecht bekommen!

Kaum hatten Uto und Konrad das vernommen, so warfen sie sich auf jene mit solcher Schnelligkeit, daß du denken müßtest, sie ritten nicht, nein sie flögen, wenn du sie sehen könntest. Was bedarf es noch vieler Worte? Eberhard fiel unter den Schwertern, Giselbert versank in den Fluthen des Rheins, und da er diese ihrer Menge wegen nicht austrinken konnte, so verließ ihn die Seele und er starb. Von den Uebrigen entkam

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Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk'schen Buchhandlung, Leipzig 1890, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/94&oldid=- (Version vom 11.4.2023)
  1. Nämlich noch auf dem rechten Ufer; vergl. Widukind II, 26, der, wohl irrthümlich, Herzog Hermann die That zuschreibt.