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den so unverhofft erblickte, lief ich sogleich auf ihn zu, und embrassirte ihn heftig. Darüber kam er ganz aus dem Conzept. „Nun wahrhaftig und wenn der bis ans Ende der Welt reist, er ist und bleibt ein Narr!“ rief er den Studenten zu, und blies ganz wüthend weiter.

Unterdeß war die schöne gnädige Frau vor dem Rumor heimlich entsprungen, und flog wie ein aufgescheuchtes Reh über den Rasen tiefer in den Garten hinein. Ich sah es noch zur rechten Zeit und lief ihr eiligst nach. Die Musikanten merkten in ihrem Eifer nichts davon, sie meinten nachher: wir wären schon nach dem Schlosse aufgebrochen, und die ganze Bande setzte sich nun mit Musik und großem Getümmel gleichfalls dorthin auf den Marsch.

Wir aber waren fast zu gleicher Zeit in einem Sommerhause angekommen, daß am Abhange des Gartens stand, mit dem offnen Fenster nach dem weiten tiefen Thale zu. Die Sonne war schon lange untergegangen hinter den Bergen, es schimmerte nur noch wie ein röthlicher Duft über dem warmen, verschallenden Abend, aus dem die Donau immer vernehmlicher herauf rauschte, je stiller es ringsum wurde. Ich sah unverwandt die schöne Gräfin an, die ganz erhitzt vom Laufen dicht vor mir stand, so daß ich ordentlich hören konnte, wie ihr das Herz schlug. Ich wußte nun aber gar nicht, was ich sprechen sollte vor Respekt, da ich auf einmal so allein mit ihr war. Endlich faßte ich ein Herz, nahm ihr kleines weißes Händchen – da zog

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Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/137&oldid=- (Version vom 31.7.2018)