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Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38)

über euch wird, bis zur Zeit, da ihr zum Gerichte auferstehen müsset! O ihr Vornehmen, Hochgestellten und Übermüthigen, gedenket an den Tod, der alles Hohe zerstört, die Glieder auflöst, das Zusammengefügte trennt, das Leibesgebilde der Verwesung anheimgibt, die Hochmüthigen demüthigt, die herben und harten Gebieter in seiner Finsterniß verbirgt und allen Übermuth hinwegnimmt, indem er die Stolzen verwesen und bis zum Gericht zu Staub werden läßt! O ihr Reichen, gedenket des Todes; denn wenn die Zeit genahet ist, wo ihr zu ihm kommen müsset, könnt ihr Reichthum und Besitz nicht länger genießen! Dort setzt man euch keine köstliche Speise vor und bereitet euch keinen erquickenden Trank. Dort verwesen die üppigen Leiber der Genußsüchtigen und entbehren der Genüsse, ohne ihrer zu gedenken. Die Made verzehrt daselbst ihre Leiber, und über ihren Prachtgewändern werden sie mit Finsterniß bekleidet. Sie denken gar nicht mehr an diese Welt; denn der Tod macht sie verwirrt, wenn sie zu ihm herabsteigen. Sie sitzen da in Trauer und Todesschatten und erinnern sich dieser Welt nicht mehr, bis das Ende kommt und sie zum Gerichte auferstehen. O ihr Räuber, Unterdrücker und Beschädiger des Nächsten, gedenket des Todes und setzet euere Sünden nicht fort! Denn an jenem Orte können die Sünder nicht mehr Buße thuen. Wer das Gut seines Nächsten geraubt hat, kann dort sogar sein eigenes nicht behalten, weil er an einen Ort geht, wo Reichthum Nichts mehr nützt. Daselbst bleibt er, bar und ledig seines Ansehens; aber seine Sünden werden aufbewahrt für den Tag des Gerichtes. O ihr, die ihr auf diese Welt vertrauet, möchte doch diese Welt in eueren Augen verächtlich erscheinen! Denn ihr seid ja nur Gäste und Fremdlinge in ihr und wisset nicht, an welchem Tage ihr aus derselben abgeführt werdet. Denn plötzlich kommt der Tod, trennt und führt hinweg die geliebten Kinder von ihren Eltern, und die Eltern von ihren lieben Kindern. Er holt die theueren einzigen Söhne zu sich ab, so daß die Eltern ihrer beraubt werden und der Geringschätzung anheimfallen. Er trennt werthe Freunde von einander, so daß die Überlebenden

Empfohlene Zitierweise:
Aphraates, Rabulas, Isaak von Ninive in der Übersetzung von Gustav Bickell: Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter (BKV Band 38). Jos. Koesel’sche Buchhandlung, Kempten 1874, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BKV_Erste_Ausgabe_Band_38_134.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)